Fast 80 Millionen Menschen waren Ende 2019 weltweit auf der Flucht. Das sind so viele wie nie zuvor. 80 Prozent aller Vertriebenen befinden sich in Regionen oder Ländern, die von akuter Ernährungsunsicherheit und von Unterernährung betroffen sind.
„Wir dürfen nicht vergessen, dass auch unser Land, unsere Familien vor nicht allzu langer Zeit auf internationale Unterstützung angewiesen waren. Die Frage darf heute nicht lauten ob wir helfen, sondern wie“, so Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE. „Wir sollten uns auf Lösungen konzentrieren, nicht darauf, wie wir Flüchtlinge am besten von Europa fernhalten. “
CARE ist deshalb in über 36 Kriegs- und Krisengebieten weltweit tätig. Geflüchteten und Binnenvertriebenen hilft CARE mit lebensrettenden Nahrungsmitteln, Bargeld, Unterkünften, psychosozialer Unterstützung und aktuell mit Infektionsschutzmaßnahmen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Seine langjährigen Erfahrungen in der Arbeit mit Geflüchteten setzt CARE auch in Deutschland ein, in der Arbeit mit Lehrerinnen und Lehrern. Mehr zum Projekt KIWI - Kultur, Integration, Werte, Initiative.
Menschen, die fliehen, fürchten um ihr Leben und das ihrer Kinder. Sie lassen Krieg, Gewalt und akute Not hinter sich und sehen keine Alternative dazu, ihre Heimat zu verlassen. An aller erster Stelle muss deswegen stehen, gewaltsame Konflikte zu beenden. Staaten müssen zusammen an friedlichen Lösungen arbeiten, in zivile Konfliktbearbeitung und Krisenprävention investieren und politische und wirtschaftliche Stabilität fördern. Auch eine bessere Klimaschutzpolitik und Katastrophenvorsorge gehören dazu. Längerfristig geht es darum, den Wiederaufbau zerstörter Gebiete zu ermöglichen und die Lebensbedingungen vor Ort nachhaltig zu verbessern. Dies ist allerdings ein langfristiger Prozess, der finanzielle Ressourcen und einen langen Atem erforderlich macht. CARE weiß durch seine Arbeit der letzten 75 Jahre: Frieden und bessere Perspektiven sind die besten Mittel gegen Flucht und Verzweiflung. Dazu gehört auch, die politischen Entscheidungsträger in den Herkunftsländern stärker in die Pflicht zu nehmen.
Die meisten Menschen fliehen innerhalb ihres Landes oder in die Nachbarländer. Von den zehn Staaten, die 2018 die meisten Menschen aufgenommen haben, sind neun Staaten niedrigen oder mittleren Einkommens. Besonders arme Aufnahmeländer benötigen deshalb mehr Unterstützung. Heute wissen wir: Auch die massive Unterfinanzierung der humanitären Hilfe für syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern hat dazu beigetragen, dass die Menschen sich 2015 auf den Weg nach Europa machten. Nach Kürzungen der Nahrungsmittelrationen sahen die Menschen keinen anderen Ausweg mehr, um zu überleben.
Die Corona-Pandemie hat die Situation in vielen Kontexten weltweit nun noch verschlimmert. Bestehende Grundbedürfnisse wie Nahrung und Wasser, sanitäre Einrichtungen und Unterkünfte sowie Gesundheitsversorgung, Schutz und Bildung müssen weiterhin zugänglich sein. Es braucht deshalb zusätzliche, flexible und ausreichende Mittel für die Bekämpfung des Coronavirus in Fluchtkontexten. Gerade in den oft überfüllten Flüchtlingscamps muss unbedingt verhindert werden, dass sich das Virus ausbreitet.
Geflüchtete Frauen und Mädchen wissen am besten, welche besondere Unterstützung sie benötigen. Deshalb müssen sie selbst und lokale Frauenrechtsorganisationen sowohl in die Planung als auch in die Umsetzung von Hilfsmaßnahmen miteinbezogen werden. Dies gilt auch insbesondere in der Corona-Pandemie, in der Frauen in der Pflege, der Versorgung von Kindern sowie in vielen anderen Bereichen oft die Hauptlast tragen.
Die Lösung ist klar: Frauen müssen auf allen Ebenen an Entscheidungen beteiligt werden. Nur dann ist sichergestellt, dass Hilfsmaßnahmen gezielter auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten sind und besonders negative Auswirkungen wie geschlechtsspezifische Gewalt in den Blick genommen werden.
Alle Staaten müssen sich an internationales Flüchtlingsrecht und die Menschenrechte halten. Jeder Mensch hat nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention das Recht auf Asyl. Die EU muss deshalb innerhalb ihrer Grenzen und in unmittelbarer Nachbarschaft alles dafür tun, dass Menschen sowohl nach internationalen Standards versorgt werden als auch Asyl beantragen können. Weder die Situation auf den griechischen Inseln oder dem Balkan noch das Abkommen zwischen der EU und der Türkei werden diesem Anspruch gerecht.
Es muss sichergestellt werden, dass die Genfer Flüchtlingskonvention konsequent eingehalten wird. Demnach hat ein Mensch auf der Flucht etwa Recht auf Schutz und auf die Sicherung seiner Grundversorgung. Diese Verantwortung darf nicht ignoriert werden.
Grenzschließungen führen nur dazu, dass Menschen vermehrt gefährlichere Wege auf sich nehmen und noch mehr Geld an Schmuggler zahlen. Legale Migrationswege machen illegale Fluchtrouten, bei denen auf kriminelle Schmugglernetzwerke zurückgegriffen werden muss, obsolet.
Besonders die Grenzschließungen, die als Reaktion auf Covid-19 verhängt oder verschärft wurden, wirken sich derzeit stark auf Asylsuchende und Geflüchtete aus. Denn sie verhindern, dass Menschen sich in Sicherheit bringen können. In der Folge kommt es zu mehr Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch. Wie immer leiden darunter besonders Frauen und Mädchen.