Bonn / Sarajevo, 3. Juni 2020. Die internationale Hilfsorganisation CARE ist zutiefst besorgt um die Sicherheit und Gesundheit von über 7.200 Geflüchteten und Migranten in Bosnien und Herzegowina. Besonders dramatisch ist die Situation für diejenigen, die außerhalb der offiziellen Camps leben. Ein aktueller CARE-Report zeigt, dass in Tuzla, im Nordosten des Landes, über drei Viertel von ihnen keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Außerdem besteht kein adäquater Zugang zu sanitären Anlagen und grundlegender Hygiene. Der Report zeigt zudem, dass für die Mehrheit der Männer, Frauen und Kinder die absoluten Mindeststandards einer sicheren Unterkunft und der grundlegenden Ernährung nicht erfüllt sind. Im Januar verzeichnete Bosnien und Herzegowina 30 Prozent mehr Ankünfte von Flüchtlingen und Migranten als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

„Das Camp Bira, das auf 1.600 Menschen ausgelegt ist, beherbergt aktuell über 3.000 Menschen. Social Distancing ist hier unmöglich“, berichtet Tim Clancy, von Pomozi.ba, einer Partnerorganisation von CARE. „Die Menschen außerhalb der Lager leben im Verborgenen, in ständiger Angst, in ein überfülltes Lager geschickt zu werden, wo die Ansteckungsgefahr viel höher wäre. Die Situation auf den Straßen ist ebenfalls sehr schwierig, nur eine Handvoll Freiwilliger kann die Flüchtlinge erreichen.“

Die Situation spitzt sich zudem weiter zu, seit Verteilungen von Nahrung, Wasser und Artikeln des täglichen Bedarfs auf der Straße verboten sind. Es wird für Helfer immer schwieriger, die Menschen auf den Straßen zu erreichen.

„Migranten, die in Tuzla geblieben sind und keine Unterkunft bekommen haben, werden auf den Straßen durstig und hungrig völlig allein gelassen“, berichtet eine CARE-Partnerorganisation vor Ort. Alle Camps sind überfüllt. Wegen des Mangels an Betten müssen viele ihr Bett mit jemand anderem teilen. Sanitäre Anlagen sind nur unzureichend vorhanden. Gerade nachts kann der Gang zur Toilette für Frauen und Mädchen zur Gefahr werden. Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt sind ein ernsthaftes Problem innerhalb und außerhalb der Camps. Der CARE-Report zeigt, dass weder genügend Prävention betrieben wird noch genügend Beratungsdienste für Überlebende vorhanden sind. Auch psychologische Betreuung für Menschen, die Polizeigewalt an der kroatischen Grenze erfahren haben, kommt zu kurz.

„Leider wird der prekären Situation der Flüchtlinge und Migranten in Bosnien und Herzegowina derzeit noch weniger Aufmerksamkeit geschenkt als vor der Corona-Krise“, erklärt Sumka Bucan, CARE-Regionaldirektorin für den Balkan. „Es fehlt sowohl an finanziellen Mitteln als auch an Engagement und Verständnis für die Schutzbedürfnisse besonders von Frauen und Mädchen. Hier muss dringend mehr getan werden.“

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