Von Mia Veigel, Bundesfreiwillige bei CARE
Jeder kennt die Frage nach dem Traumberuf. Zumindest als Kind hat jeder von uns einen gehabt. Ob Ärztin, Feuerwehrfrau, Musikerin oder Lehrerin. Auch Geflüchtete in Deutschland haben einen Traum davon, wie sie ihre berufliche Zukunft in der neuen Heimat gestalten wollen. Um sich davon ein genaues Bild zu machen, besuchten mein Kollege Stefan Brand und ich vor kurzem das Berufskolleg Kaufmannschule in Krefeld. Das Ziel: unseren Kolleginnen Leonie Kutz und Laura Stella Sahm bei einem KIWI-Schülerworkshop über die Schultern schauen.
Es ist 8 Uhr morgens und die Schulglocke läutet. Wir bahnen uns durch Grüppchen müder Gestalten auf dem Pausenhof den Weg und betreten das Gebäude. Im Klassenraum bereiten unsere Kolleginnen schon die heutige Einheit zum Thema „Traumberuf“ vor. Nach und nach trudeln die Kursteilnehmer:innen ein und nehmen im Stuhlkreis Platz. Obwohl es noch früh ist, sind sie motiviert und freuen sich sowohl unsere Kolleginnen wieder zu sehen als auch Stefan und mich kennenzulernen. Seit 2016 arbeitet CARE mit dem Berufskolleg Kaufmannschule zusammen. Bisher wurden Lehrer:innenfortbildungen und zahlreiche Workshops zu Themen wie „Heimat“, „Religion“ und „Angekommen in Deutschland“ durchgeführt. Heute geht es um die berufliche Zukunft.
Zwischen Zukunftsvisionen und Berufschancen
„Was ist denn eurer Traumberuf?“, fragt Leonie in die Runde. Ärzt:in, Richter:in und Erzieher:in, höre ich die Jugendlichen sagen. Wir besprechen verschiedene Berufsfelder, Studiengänge und alternative Ausbildungen. Ich bin beeindruckt davon, wie gut die Jugendlichen Deutsch sprechen können, obwohl sie noch nicht lange in Deutschland leben.
Das Highlight des Tages: die „Talkshow“. Ähnlich wie im Fernsehen, wollen die KIWI-Kursteilnehmer:innen Auszubildende zu ihren Berufen befragen, die extra für die Gesprächsrunde angereist sind. Insgesamt sind sieben Auszubildende gekommen. Die angehenden Lagerist:innen, Bürokauffrauen und Bürokaufmänner sowie Verkäufer:innen beantworten alle Fragen rund um ihre Tätigkeiten. Dabei kommen Fragen auf wie „Hattest du schon einmal Probleme am Arbeitsplatz?“, „Wie oder wo siehst Du diesen Job in Zukunft?“ oder „Willst du dich in diesem Bereich weiter entwickeln?“.
Einer der geflüchteten Jugendlichen, der von allen nur „Dr. Hamed“ genannt wird, moderiert mit viel Spaß die inszenierte „Talkshow“ und trägt dafür heute extra sein bestes Hemd, wie er mir später stolz erzählt. Auch für mich ist es spannend bei dem Projekt dabei zu sein und die Fragen und Antworten der Jugendlichen mit zu verfolgen, befinde ich mich doch gerade selbst in der Berufsfindungsphase. Gerade bin ich als Bundesfreiwillige bei CARE, lerne viel Neues und habe die Möglichkeit mich beruflich zu orientieren. Auch für Geflüchtete in Deutschland wird ein Bundesfreiwilligendienst angeboten, der es ihnen ermöglicht, den deutschen Arbeitsalltag kennenzulernen und ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass vielen bei einem unsicheren Aufenthaltsstatus nicht ausreichend Zeit bleibt, um sich auszuprobieren, sondern meist schnell eine Ausbildung gefunden werden muss.
Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass die Schüler:innen aus erster Hand erfahren, was sie in einer Ausbildung erwartet und vor allem, wie sie sich am besten bewerben können, um erfolgreich einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Eine Ausbildung liefert einen wertvollen Abschluss, auf den aufgebaut werden kann und ist keinesfalls eine Einbahnstraße. Diese Botschaft kommt bei den Jugendlichen zwar positiv an, doch ich spüre auch eine gewisse Enttäuschung im Klassenraum. Krankenpfleger:in zu sein ist nun mal nicht das gleiche wie als Chefärzt:in zu arbeiten. Viele der Jugendlichen, die zumeist aus Syrien und Afghanistan kommen, haben teilweise bereits in ihrer Heimat einen Abschluss und unter anderem auch das Abitur erworben. Gerade deshalb ist es so wichtig ihnen mit solchen Workshops Mut zu machen und neue Perspektiven für ein Leben in Deutschland aufzuzeigen.
Für was steht eigentlich KIWI? Lesen Sie hier mehr über das Integrationsprojekt von CARE.