Wenn wir in unseren Projektregionen feststellen, dass Frauen und Mädchen mehr Hunger haben als Männer und Jungen, dann ist die Lösung des Problems doch ganz klar, oder? Mehr Lebensmittel besorgen und verteilen!

Ganz so einfach ist das leider nicht. Denn hinter der Tatsache, dass Frauen nicht ausreichend zu essen haben, steht oft die gesellschaftliche Ungleichheit der Geschlechter - und diese zeigt sich noch in vielen weiteren negative Folgen für Frauen und Mädchen.

Eine Frau sitzt neben einem Mann in einem Feld

Zusammenhänge erkennen

Wenn man das Problem mit dem Hunger also angehen möchte, ist es ist enorm wichtig, diese zusätzlichen Herausforderungen, die sich aus der Ungleichheit ergeben, in den Blick zu nehmen. Eines davon sticht ganz besonders hervor und steht daher im Zentrum vieler CARE-Projekte: Die Verhinderung geschlechtsspezifischer Gewalt, kurz GBV ("Gender Based Violence").

Um zu verstehen, wie GBV und Ernährungsunsicherheit zusammenhängen, hat CARE aktuelle Studien, Gender-Analysen und Projektevaluierungen untersucht. Im Folgenden wollen wir aufzeigen, wie diese beiden Dinge miteinander zusammenhängen und wie CARE darauf reagiert. So sind wir auch im Angesicht aktueller globaler Ernährungskrisen in der Lage, Frauen effektiv zu unterstützen. 

Was wissen wir bereits über den Zusammenhang von geschlechtsspezifischer Gewalt und Ernährungsunsicherheit?

Portrait einer ernst guckenden Frau in Burundi

Ernährungsunsicherheit wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf GBV aus: Die sich gegenseitig verstärkenden negativen Auswirkungen von Klimawandel, bewaffneten Konflikten, Ressourcenknappheit und gestiegenen Rohstoffpreisen tragen alle dazu bei, dass Menschen in vielen Regionen auf der Welt hungern. Das Zusammenspiel all dieser Faktoren verursacht starken Stress innerhalb der Gesellschaften, was das Gewaltrisiko für Frauen und Mädchen signifikant erhöht. Dazu kommen oftmals soziale Normen und vorherrschende Machtdynamiken, die die Rolle der Frauen und ihre gesellschaftliche Stellung negativ beeinflussen. Dies verstärkt ihre Ernährungsunsicherheit umso mehr und macht sie wiederum anfälliger für Gewalt – ein Teufelskreis. 

GBV kann Frauen und Mädchen am Zugang zu Nahrungsmitteln hindern: In Krisensituationen besteht für Frauen und Mädchen ein erhöhtes Risiko, sexuell belästigt, angegriffen oder sogar dazu gezwungen zu werden, Sex gegen Nahrungsmittel einzutauschen. Dies behindert ihren Zugang zu Nahrungsmitteln stark oder verhindert ihn gleich ganz. In Situationen, in denen Frauen und Mädchen bereits gefährdet sind, essen sie zudem weniger, um Gewalt durch ebenfalls hungrige Partner zu vermeiden.

Farah aus Somalia

Kinder-, Früh- und Zwangsehen nehmen zu: In Somalia gab ein Drittel von befragten Mädchen an, dass der Druck durch die Eltern, früh zu heiraten, ihre größte Sorge ist. In Afghanistan waren es fast ein Achtel von befragten Haushalten, die angaben, dass sie aufgrund der Nahrungsmittelkrise eine Tochter unter 18 Jahren verheiraten mussten.

Häusliche Gewalt und Gewalt durch Partner:innen nimmt zu: In der Zentralafrikanischen Republik haben in den letzten Jahren die Berichte über Gewalt in Paarbeziehungen während Dürreperioden und in Gebieten mit größerer Ernährungsunsicherheit zugenommen. In Somalia stieg die Zahl der Frauen, die häusliche Gewalt als ihr Hauptproblem identifizierten, ebenfalls an. Frauen in Bangladesch berichteten über einen Anstieg der häuslichen Gewalt um 21 % als Folge von Preissteigerungen. In Ruanda verschärft Nahrungsmittelknappheit die bestehende häusliche Gewalt.
 

Was haben wir in den CARE-Projekten zur Verhinderung von GBV und Ernährungsunsicherheit gelernt?

Soziale Normen spielen entscheidende Rollen bei gerechterer Nahrungsmittelverteilung und Verhinderung von Frühehen: Bei der Evaluation von Projekten in Bangladesch haben wir gesehen, dass der Fokus auf Veränderungen von Machtdynamiken im Haushalt von besonderer Bedeutung ist. Er führte zu weniger häuslicher Gewalt an jung verheirateten Frauen sowie zu einer gerechteren Aufteilung der Lebensmittel. In Äthiopien wurde sich auf die Veränderung der sozialen Normen konzentriert. CARE-Projekte bewirkten dabei, dass die Frühehen um 44 % zurückgingen. In Benin wurden die Frühehen halbiert und wiederum in Bangladesch um 63 % gesenkt. 

Gruppe Männer und Frauen

Offener Umgang mit Gewalt in der Partnerschaft hilft Familien, Essen gerechter aufzuteilen: In Ruanda führte die Kommunikation über Macht und Geschlecht im Rahmen eines CARE-Projekts dazu, dass die Teilnehmenden höhere Chancen auf Ernährungssicherheit und Einkommen hatten. Zeitgleich ging die Zahl der Haushalte, die an Hunger litten, zurück.

Mehr Geschlechtergerechtigkeit führt zu einer verbesserten Nahrungsmittelproduktion: In Burundi brachte die Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischen und sozialen Normen im Rahmen eines CARE-Projekts viele positive Auswirkungen mit sich: Sie führte zur Stärkung der Solidarität unter den teilnehmenden Frauen und die Anzahl, der am Projekt beteiligten Männer, die sich deutlich gegen häusliche Gewalt aussprachen, verdoppelte sich. Die Einbeziehung der Männer in die Geschlechtergleichstellung führte zudem zu einer Verdopplung der Reisproduktion in den jeweiligen Haushalten.

Frau aus Ruanda in einem Raum
"Durch die Zusammenarbeit mit meinem Mann können wir viel besser haushalten und unsere Ressourcen planen. Wir verkaufen Teile unserer Ernte, damit wir uns andere Lebensmittel leisten können“, erklärt Clementine, Teilnehmerin an einem CARE-Projekt in Ruanda.

Unser Fazit: Wenn sich in der Projektarbeit der Bekämpfung von GBV gewidmet wird, führt dies nicht nur zu mehr Sicherheit für Frauen und Mädchen, sondern erleichtert auch ihren Zugang zu Nahrungsmitteln und kann darüber hinaus die Nahrungsmittelproduktion innerhalb der Familie oder Gemeinde insgesamt steigern.

Wir bitten Sie daher um Unterstützung der CARE-Hilfe für Frauen und Mädchen weltweit mit Ihrer Spende!

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CARE leistet unparteiliche humanitäre Hilfe dort, wo akute Not herrscht. Gleichberechtigung für alle Geschlechter ist uns eine Herzensangelegenheit. Die Klimakrise ist schon lange dort Realität, wo die Menschen am wenigsten dazu beigetragen haben und sich kaum selbst vor den Auswirkungen schützen können. Mehr zu unseren Schwerpunkten:

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