„Ich bin jetzt ein besserer Mensch, stärker und selbstbewusster. Ich habe keine Angst mehr vor der Zukunft, weil ich weiß, dass ich es schaffen kann. Außerdem habe ich jetzt eine Mission:  Den Frauen in meinem Umfeld zur Seite stehen, sie unterstützen und ihnen zeigen, dass auch sie es schaffen können.“

Diese Worte spricht Fadah, Landwirtin und Unternehmerin aus Syrien. Sie steht sinnbildlich für die vielen erfolgreichen Landwirt:innen, denen CARE auch in schwierigen Zeiten zur Seite stand und dabei half, ihre Produktion aufzubauen, zu diversifizieren und auch in Krisen aufrecht zu erhalten. Diese Erfahrung und das Wissen von Menschen wie Fadah könnten in den nächsten Jahren wichtiger denn je sein, denn es steht eine schwere Zeit bevor, wenn wir auf die globale Versorgung mit Lebensmitteln blicken.

Der Konflikt in der Ukraine wird wahrscheinlich zur größten globalen Nahrungsmittelkrise seit dem Zweiten Weltkrieg führen. Millionen von Menschen in Afrika, Asien und dem Nahen und Mittleren Osten sind von ausbleibenden Getreidelieferungen bedroht. Selbst diejenigen, die derzeit noch genug zu essen haben, werden die Auswirkungen spüren: Der Anstieg der Lebensmittelpreise wird früher oder später alle betreffen. Die aktuelle Situation ist ein erschreckendes Beispiel dafür, wie Versorgungssysteme durch den Einbruch von Lieferketten aus dem Gleichgewicht geraten und dass resiliente Ernährungssysteme notwendig sind, damit kein Mensch auf der Welt hungrig zu Bett gehen muss.

Bäuerin Mary steht mit einer Hacke über der Schulter auf ihrem Feld in Sambia.

Noch ist ein Wandel möglich

Wenn die globale Gemeinschaft jetzt handelt und lokale Kleinbäuerinnen und -bauern, insbesondere Frauen, auf der ganzen Welt unterstützt, gibt es die Chance, stärkere und resistentere Systeme zu errichten, die nicht nur dieser, sondern auch zukünftigen Ernährungskrisen standhalten können. Es muss jetzt lokalen Organisationen zugehört, in weibliche Führungskräfte investiert und landwirtschaftliche und kommunale Gruppen unterstützt werden. Es gibt unzählige Beispiele dafür, wie Ernährungssysteme durch Investitionen in die Gleichstellung der Geschlechter am Laufen gehalten wurden, sodass Männer und Frauen gemeinsam in der Landwirtschaft arbeiten und höhere Erträge erzielen konnten - aber die Uhr tickt. Viele Landwirt:innen auf der ganzen Welt werden in den nächsten Wochen mit dem Anbau beginnen. Investitionen, die jetzt erfolgen, würden sich während der Ernte und in den kommenden Jahren auszahlen. Abzuwarten aber würde für Millionen Menschen Hunger bedeuten.

Ein Blick zurück auf erfolgreiche CARE-Ernährungsprojekte weltweit

„Durch das Projekt habe ich gelernt, wie ich verhindern kann, dass meine Familie in den kommenden Jahren hungern muss“, berichtete Aliyi Muhmed aus Äthiopien. In einem guten Jahr konnte Aliyi seine Familie in acht von zwölf Monaten ernähren. 2016 war zunächst kein gutes Jahr: El Niño zerstörte Aliyis gesamte Ernte, er musste seine Ersparnisse für Lebensmittel aufwenden und seiner Familie drohte der Hunger. Doch mit etwas Saatgut, einer Schulung von CARE und viel harter Arbeit gelang es ihm die Krise abzuwenden: Aliyi schaffte es, genug Nahrungsmittel anzubauen, um seine Familie 12 Monate lang zu versorgen.

Selbst in Krisenzeiten produzieren Landwirt:innen mehr Lebensmittel

In Syrien wurden im Rahmen des „Food for Peace“-Projekts Bäckereien und Mühlen unterstützt und Bargeld zum Kauf von Brot an Familien verteilt. Hierdurch wurde die Kaufkraft angekurbelt und Landwirt:innen hatten einen Anreiz, mehr Weizen zu produzieren. Nachdem Ebola in Sierra Leone 60 % der Saatgutreserven des Landes und 40 % der Ersparnisse vernichtet hatte, drohte vielen Menschen Hunger. CARE setzte das „Rapid Ebola Social Safety Net and Economic Recovery“-Projekts (RESSNER) um und versetzte  89 % der Teilnehmenden dadurch wieder in die Lage, gewinnbringend in der Landwirtschaft tätig zu sein und ihre Familien zur versorgen. In Mali produzierten Frauen trotz der Klima- und der politischen Krise im Land fünfmal mehr Hirse pro Hektar als zu Beginn des „Feed the Future“-Projekts. Im Rahmen des „Growing Nutrition for Mothers and Children“-Projekts (GROW) in Äthiopien stieg die Zahl der Haushalte, die genug Lebensmittel für den Eigenbedarf produzierten, von 67 % auf 84 %. In Bangladesch produzierten die Milchbäuerinnen und -bauern fünf Jahre nach Abschluss eines CARE-Projekts zwei Liter mehr Milch pro Tag - und das, obwohl COVID-19 den Markt erschüttert hatte. Während einer Hungerperiode in 2014 erhielten lokale Gruppen in Niger Zugang zu Finanzmitteln und anderen Ressourcen, um 960 Tonnen Lebensmittel an 3.500 Familien zu liefern, die sonst hätten hungern müssen.

Zwei Frauen sitzen um eine große Schüssel herum und bereiten Essen zu, im Hintergrund sitzen viele Menschen.

Mehr Menschen haben zu essen

Dank Bargeldunterstützung von CARE verdoppelte sich in Mali in den Distrikten Goundam und Niafunke die Zahl der Familien, die genug zu essen hatten. Sie waren nicht mehr darauf angewiesen, Eigentum zu verkaufen und sich zu verschulden, um an Nahrungsmittel zu kommen. Im syrischen Projekt „Food for Peace“ gaben 71 % der teilnehmenden Familien an, dass sie dank des Projekts nicht mehr unter Nahrungsmittelknappheit litten. Zu Beginn des „Water for Food Security, Women’s Empowerment and Environmental Protection“-Projekts (SWEEP) in Äthiopien besaß keine einzige der teilnehmenden Familien ausreichend Lebensmittel, um die kommenden fünf Monate zu überstehen. Am Ende gaben 84 % der Familien an, jetzt genug Lebensmittel für sogar acht Monate zu besitzen. 96 % der Familien können nun zwei Mahlzeiten pro Tag zu sich nehmen, 55 % sogar drei.

Einkommen werden stabiler

Durch ein kommunales Agrarprojekt von CARE in Benin konnte eine deutliche Steigerung der Einkommenssicherheit für die Teilnehmenden erzielt werden, da sie weiter ihre Ernten einfahren konnten. Während andere Landwirt:innen in der Region während der Laufzeit des Projekts wetterbedingte Einbußen hinnehmen mussten, waren die Einkommen der Projektteilnehmenden wesentlich stabiler; sie hatten Zugang zu Märkten und konnten dank resistentem Saatgut weiterhin Ernteerträge erzielen. Bei ihnen betrug der Rückgang nur 16 % dessen, was Landwirt:innen einbüßten, die nicht am Projekt teilgenommen hatten.

Krisen wirken nicht so lange nach

In Bangladesch erholten sich Milchbäuerinnen und -bauern schneller und besser von politischen Unruhen, welche das Land vor knapp zehn Jahren erschütterten: Familien, die nicht am „Strengthening Dairy Value Chains“-Projekt (SDVC) von CARE teilnahmen, brauchten sieben Wochen, um sich zu erholen, und verzeichneten einen Produktionsrückgang von 7,1 %. Landwirt:innen, die am Projekt teilnahmen, verzeichneten einen Produktionsrückgang von nur 3,8 % und konnten das Niveau vor der Krise innerhalb von zwei Wochen wieder erreichen.

Die Vorsteherin der Kleinspargruppe dokumentiert die Einnahmen und Ausgaben der Gruppe, im Hintergrund sitzen die Mitglieder

Menschen blicken zuversichtlicher in die Zukunft

CARE-Ernährungsprojekte nehmen nie nur die aktuelle Situation in den Blick, sondern sollen die Menschen auch für die Zukunft wappnen auf auf Krisen vorbereiten. Dass dieser Ansatz funktioniert und Zuversicht unter den Beteiligten schafft, zeigen Beispiele aus Äthiopien und dem Tschad: Familien, die am SWEEP-Projekt in Äthiopien teilnahmen, gaben 70-mal häufiger an, dass sie sich nun in der Lage sähen, wirtschaftliche Krisen nach dem Projekt besser bewältigen zu können. In einem CARE-Projekt im Tschad verwendeten Kleinspargruppen ihre Ersparnisse, um Getreide zu kaufen, das sie in Dürrezeiten verarbeiten und essen konnten. Wenn sie es nicht brauchten, weil ihre eigene Produktion ausreichte, verkauften sie es mit einem Gewinn von etwa 50 Dollar - zwei Drittel dessen, was sie von CARE zuvor als Zuschuss erhielten. Die Mitglieder der Kleinspargruppe sind somit in der Lage, auf unterschiedliche Szenarien - auch Krisen - zu reagieren und sie selbstständig zu überstehen.

Positive Ergebnisse überdauern Krisen

Als das „Social and Economic Transformation of the Ultra Poor“-Programm (SETU) in Bangladesch 2015 endete, hatten 95 % der teilnehmenden Familien den Weg aus der extremen Armut gefunden. Im Jahr 2020 - nach mehreren großen Krisen und pandemiebedingten Lockdowns - lebten 92 % dieser Familien immer noch über der Armutsgrenze.

Rückgang geschlechtsbedingter Ungleichheit

Im Rahmen eines Ernährungsprojekts in Mosambik stieg die Ernährungssicherheit von Familien, in denen Männer die Verantwortung trugen, von 16 % auf 22 %. Dort, wo Frauen Entscheidungen trafen, stieg die Zahl sogar von 12 % zu Beginn auf 27 % zum Ende des Projekts. Dieses Beispiel unterstreicht einmal mehr den besonderen Fokus, den CARE auf die Hilfe für Frauen und Mädchen legt und belegt außerdem, dass ihre Teilhabe und Förderung auch ihrem Umfeld zugutekommt.

Was muss jetzt passieren?

                                                

In Gleichberechtigung investieren

Das Beispiel aus Mosambik und ein Projekt in Burundi mit dem schönen Namen „Win-Win" hat gezeigt, dass Gleichstellung der Geschlechter zu einem Anstieg der Nahrungsmittelreserven von Familien führt. Während Frauen, die im Rahmen dvon „Win-Win" landwirtschaftliche Schulungen erhielten und über das Thema Gleichberechtigung lediglich informiert wurden, ihre Reisproduktion um das zweifache steigerten, erreichten diejenigen, die bei der aktiven Bekämpfung von Geschlechterungleichheit unterstützt wurden, sogar das 2,3-fache. Diese Gewinne geben sie weiter, investieren Geld aus dem Verkauf ihrer Produktion oft in ihre Kinder und ihr Umfeld und bringen so die gesamte Gemeinschaft, in der sie leben, voran.

                                                 

Bargeldhilfen zur Verfügung stellen

Zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion bieten die meisten der bis hierhin genannten Projekte in Sachen Finanzen eine Kombination aus der Verteilung von Bargeld für Notfälle und Trainings zum sinnvollen Einsatz der eigenen Reserven der Projektteilnehmenden. Von dem Bargeld können sich die Menschen Nahrungsmittel kaufen. Das ermöglicht es ihnen wiederum, ihr eigenes Kapital in die Landwirtschaft zu investieren. In ländlicheren Teilen Simbabwes wurden 73.718 Haushalte mit dem „Cash First“-Projekt erreicht, um sie zunächst bei der Bewältigung der Dürre 2015 und anschließend der Dürre und der Bargeldkrise 2016 zu unterstützen. Die Familien erhielten eine monatliche Bargeldüberweisung in Höhe von fünf oder sieben US-Dollar pro Person und einen Zuschuss in Höhe von 40 bis 60 US-Dollar, um gezielt die Vorbereitung auf die Anbausaison zu unterstützen. Diese Maßnahme war von Erfolg gekrönt und die Familien konnten ihre landwirtschaftliche Produktion am Laufen halten.

 

                                                       

Frauen in Entscheidungen einbinden

Ein Ernährungsprojekt im südlichen Afrika hat gezeigt, dass sich die Ernährungslage durch die Einbindung von Frauen in Entscheidungsprozesse verbesserte. In den Worten einer Projektteilnehmerin: „Wir haben gelernt, dass wir uns zusammensetzen und gemeinsam festlegen können, was getan und gekauft werden muss. In meinem Haushalt sind jetzt keine Lebensmittel oder Mengen mehr für bestimmte Personen reserviert.“ Bei den Teilnehmenden des SWEEP-Projekts in Äthiopien ist es mittlerweile fünfmal wahrscheinlicher, dass Frauen an wichtigen finanziellen Entscheidungen ihrer Familien beteiligt sind. Eine Teilnehmerin erzählte: „Früher verkauften unsere Männer unsere Wertsachen, ohne uns zu fragen. Damals konnten wir nichts tun, außer zu weinen. Heute können sie so etwas nicht entscheiden, ohne dass wir mit ihnen diskutieren – und das meistens mit Erfolg!“

                                                      

Anbindung an die Märkte

Im Rahmen des RESSNER-Projekts in Sierra Leone wurden Saatgut-Gutscheine verteilt und Messen organisiert, auf denen Bäuerinnen und Bauern lokale Händler:innen und unterschiedliche Saatgutsorten für den Anbau vorgestellt wurden. Die Landwirt:innen konnten dann ihr Geld lokal ausgeben bzw. ihre Gutscheine nutzen und qualitativ hochwertiges Saatgut erwerben. Das Projekt „Food for Peace“ in Syrien brachte die teilnehmenden Landwirt:innen mit Bäckereien zusammen, die subventionierten Weizen kauften und einen höheren Preis bieten konnten, als andere Bäckereien. Beide Beispiele zeigen: Das Zusammenbringen von Landwirt:innen mit lokalen Händler:innen sorgt dafür, dass der lokale Markt für alle funktioniert und Regionen wirtschaftlich gestärkt werden.

Die kommenden Jahre könnten mit Blick auf die globale Versorgung mit Nahrungsmitteln in vielen Ländern sehr schwierig werden. Doch CARE hat in zahlreichen Projekten auf der ganzen Welt ein ums andere Mal gezeigt, dass mit den richtigen Maßnahmen Hungerkrisen bekämpft und ihnen vor allem vorgebeugt werden kann. Unsere Hilfe geht ohne Unterbrechung weiter und wir sorgen bereits jetzt dafür, dass die Menschen in unseren Projekten vorbereitet sind und die richtigen Werkzeuge an die Hand bekommen.

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