Von Stépha Rouichi, Advocacy Manager für CARE DRC

Ich lebe und arbeite seit fast vier Jahren in der Demokratischen Republik Kongo. Aber während meines jüngsten Aufenthalts in der Kasai-Region wurde mir erst so richtig klar, welcher Albtraum der Alltag dort für viele Frauen, Männer und Kinder darstellt. Die Region hat im letzten Jahr Unruhen, Konflikte und Instabilität erlebt, die zu mehr als 1,4 Millionen Binnenvertriebenen geführt haben. Mit vielen von ihnen konnte ich sprechen. Jeder dieser Menschen hat seine eigene traurige Leidensgeschichte. Viele der vergewaltigten Mädchen, mit denen ich gesprochen habe, beschweren sich allerdings nicht über ihre psychischen und physischen Schmerzen, an denen sie noch immer leiden. Sie versuchen weiterzumachen, versuchen zu vergessen und vor allem versuchen sie zu überleben.

Dieser Konflikt ist für alle hart. Die Leute gehen hungrig ins Bett, sie haben ihre Angehörigen verloren und sie müssen ihre Häuser verlassen. Aber das Leid, welches viele Frauen und Mädchen erfahren - sexuelle Gewalt, Vergewaltigung, Stigmatisierung - ist unermesslich.

Eine Hand berührt eine pinkfarbene Blüte, im Hintergrund sind weitere, weiße Blumen zu sehen

„Ich mag diese Geschichte meines Lebens nicht."

Als ich ein Geburtszentrum in der Region besuchte, wurde ich einer sehr jungen Frau vorgestellt. Miphie ist 23 Jahre alt. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder. Als ich sie traf, stillte sie ihr jüngstes Kind. Sie ist sehr still und sieht mich kaum an, wenn sie spricht. „Ich mag diese Geschichte meines Lebens nicht. Aber ich muss darüber sprechen“, sagt sie.

„Es passierte im letzten März. Ich war dabei, unsere Felder gemeinsam mit meinem Ehemann und drei anderen Männern zu bestellen. Die Felder sind etwa 60 Kilometer von unserem Haus entfernt. Ich war die einzige Frau. Wir verbrachten den Nachmittag mit Jäten. Gegen 16 Uhr, als wir unsere Heimreise antraten, stoppten uns vier bewaffnete Männer. Sie fingen an, meinen Mann und die anderen Männer mit Stöcken zu schlagen und fesselten sie. Ich war allein, mit meinem Baby in den Armen. Einer der Bewaffneten nahm es mir weg. Sie zerrissen meine Kleidung, vergewaltigten mich abwechselnd vor meinem Mann und den anderen. Sie waren furchtbar brutal. Nachdem sie von mir abgelassen hatten, stahlen sie unsere Macheten, unsere Arbeitskleidung und Handys. Sie nahmen auch mein ganzes Geld mit.“

Miphie hatte mehrere Tage lang starke Schmerzen und blieb drei Tage im Krankenhaus. Sie fühlt sich nun zwar körperlich besser, aber die Dorfbewohner:innen lassen sie nicht mit den Geschehnissen abschließen. „Sie beleidigen mich, nennen mich eine Hure. Ich gehe nicht mehr aus dem Haus. Ich schäme mich so.“ Miphie sagt, dass zumindest ihr Ehemann bei ihr geblieben ist. Viele Ehemänner verlassen ihre Ehefrauen, nachdem sie vergewaltigt wurden. Ihre Familie musste jedoch eine Ziege und zwei Hühner an ihre Schwiegereltern zahlen, um ihre Ehre wiederherzustellen.

CARE-Mitarbeitende klären in den Gemeinden über die Folgen sexueller Gewalt auf und arbeiten der Ausgrenzung und Stigmatisierung von Frauen entgegen.

Wir können diesen Frauen und Mädchen helfen

Der Horror, den Frauen wie Miphie erleben, ist erschreckend und abscheulich. Ich sehe diese junge Frau vor mir, die Gewalt, Erniedrigung und Ungerechtigkeit von so unglaublichem Ausmaß durchgemacht hat. Und leider ist ihre Geschichte eine von vielen.

Es ist leicht, sich angesichts dieser Tatsache macht- und hilflos zu fühlen. Aber wir sind nicht hilflos: Es gibt eine Menge, was CARE, aber auch andere Organisationen und die internationale Gemeinschaft tun können. Die Arbeit von CARE in der Demokratischen Republik Kongo, die auf die Unterstützung von Überlebenden sexueller Gewalt, die Ausstattung von Gesundheitszentren sowie die Ausbildung von medizinischem und psychosozialem Personal abzielt, zeigt, was getan werden kann um Frauen und Mädchen zu helfen.

Es muss noch viel mehr getan werden

Unsere Arbeit in den Gemeinden, um sexueller Gewalt vorzubeugen und Botschaften zu verbreiten, die das Tabu brechen über solche Attacken zu reden und die Stigmatisierung von Überlebenden aufzuheben, ist von entscheidender Bedeutung. Aber es muss noch viel mehr getan werden: Eine Analyse von CARE in Kasai hat gezeigt, dass die Verfügbarkeit von reproduktiven und anderen medizinischen Gesundheitsdiensten immer noch sehr schlecht ist. Es gibt nicht genug essenzielle Medikamente, nicht genug Personal.

Bisher ist ein Finanzierungsaufruf der UN für Hilfe Kasai nur zu 40 Prozent finanziert. Nur 156.000 Menschen wurden bisher unterstützt. Um sicherzustellen, dass Frauen und Mädchen wie Miphie die Hilfe erhalten, die sie brauchen und verdienen, müssen die internationalen Geber ihre Mittel sofort erhöhen.

Erfahren Sie mehr über unsere Projekte in der Demokratischen Republik Kongo.

CARE-Hilfe im Kongo

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