Bleich sehen sie aus, die geflüchteten syrischen Frauen – die Augen sind leer, kein Glanz, kein Funkeln, sie strahlen nur Stille und tiefe Traurigkeit aus. Manche von ihnen haben auf der Flucht ihren Mann verloren, andere eines oder sogar mehrere ihrer Kinder. Eine Frau und ihren Mann trafen die Kugeln in den Rücken. Ihnen gelang die Flucht, aber sie sind nicht mehr arbeitsfähig. Wie sollen sie dann ihre sieben Kinder ernähren? Der Älteste ihrer Söhne ist elf Jahre alt und musste die Schule aufgeben.

Kleine Lichtblicke

Die Mutter dieser Familie und andere sitzen mit ihren schulpflichtigen Kindern im CARE-Gemeindezentrum in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Sie nehmen teil an einem Programm, das Kinderarbeit von Flüchtlingen beenden soll. Stattdessen sollen die Kinder wieder zur Schule gehen können. Die Hilfe, die die Familien zum Ersatz aus dem Hilfsprogramm erhalten, sind angesichts der sehr großen Not vieler Geflüchteten knapp bemessen, aber helfen ihnen enorm. Die Kinder freuen sich, denn sie werden nicht mehr bis zur totalen körperlichen Erschöpfung ausgebeutet. Einzelne waren abends so müde, dass sie nicht einmal essen, sondern nur noch schlafen wollten – und das bei einem Lohn von lediglich umgerechnet 2,80 Euro pro Tag.

 

Geflüchtete stehen in einem Camp.

Die Mütter betrachten uns, die fremden Besucher:innen, zurückhaltend freundlich. Sicherlich denken sie sich, dass das nun mal ein unvermeidbarer Teil ihres Hilfsprogramms ist und bleiben etwas reserviert. Erst die Geschichte der dramatischen Flucht der eigenen Familie des Fremden am Ende des Zweiten Weltkriegs, lassen sie ihre schrecklichen Erlebnisse offener erzählen und ihre Tränen zurückdrängen. Sie ahnen jetzt, dass die Besucher:innen ihr Leid zumindest ansatzweise verstehen können. Am Schluss der Gesprächsrunde verlassen die Frauen den Raum mit ihren Kindern und lachen und scherzen sogar miteinander als seien sie von einer schweren Last befreit. In stillen Stunden der Einsamkeit wird die drückende Erinnerung sicherlich wieder zurückkehren, vielleicht ist sie aber schon etwas leichter geworden.

Das Land der bescheidenen Ehrbaren

Jordanien ist ein ganz erstaunliches Land in seiner Unauffälligkeit. Es verfügt weder über wichtigen Rohstoffe noch weist es eine fortgeschrittene industrielle Entwicklung auf. Dementsprechend arm ist der Staat. Hinzu kommt, dass es in allen Himmelsrichtungen von Kriegen und Gewalt umzingelt ist, grenzt das Land doch im Nordosten an Syrien und im Osten an den Irak. Dabei ist Jordanien selbst ein relativ stabiles und sicheres Land. Gewiss, es wird von vielen Staaten unterstützt, aber die rund drei Millionen Geflüchteten bei sechseinhalb Millionen Einwohner:innen des Landes erfordern auch erhebliche Opfer seitens der eigenen Bevölkerung.

All diese Hilfe der Jordanier:innen wird relativ unaufgeregt und sehr solidarisch erbracht. Dabei werden Lager wie das Azraq Flüchtlingscamp, das rund 25 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt liegt und 55.000 Menschen beheimatet, streng bewacht. Schließlich ist die Gefahr groß, dass sich Terroristen in der Masse der Geflüchteten einschleusen lassen.

Portrait von Winfried Polte.

Jordanien darf mit seiner Hilfe nicht allein gelassen werden

Alleine könnte das Land die gewaltige Hilfe auf keinen Fall aufbringen. Es ist also auf weitere Unterstützung durch das Ausland angewiesen. Schon jetzt erhält jede Person im Camp neben 24,00 Euro im Monat nur täglich vier Scheiben Brot kostenlos. Dramatisch ist daher der derzeitige Rückgang um 30 Prozent der Hilfsgelder seitens einer der wichtigen Nichtregierungsorganisationen im Flüchtlingslager. CARE wird diese Situation mit seinen eigenen Mitteln nicht vollständig auffangen können; es ist auf weitere Unterstützung angewiesen. Die tapferen Mütter, die um die Versorgung ihrer Kinder ständig kämpfen müssen und auch das Land der bescheidenen Ehrbaren hätten dies verdient.

 

 

Der Kölner Prof. Dr. Winfried Polte, ist Präsident von CARE Deutschland-Luxemburg, Dozent für Internationale Beziehungen sowie Globale Ökonomie am IZNE und hat ehrenamtliche Ämter unter anderem bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, dem Rautenstrauch-Joest-Museum sowie „Auf Achse Treberhilfe" in Köln, inne. Dieser Beitrag entstand während seiner jüngsten Reise nach Jordanien (13.-17.01.2018).

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