Special Delivery: Überlebende des Zweiten Weltkriegs schrieben Briefe an Kinder, die heute auf der Flucht sind. Sie möchten ihnen vor allem Hoffnung schicken.

Gunter ist 78 Jahre alt und ehemaliger Vertriebsberater. Auf den ersten Blick scheint er mit dem achtjährigen Zaher aus Syrien nichts gemeinsam zu haben. Doch beide teilen ein schweres Schicksal: Sie mussten aus ihrer Heimat fliehen.

Gunter sitzt an seinem PC und schreibt einen Brief.

Briefe aus der Ferne

„Mein Name ist Gunter und ich lebe in den USA“, beginnt sein Brief an Zaher, der heute in Jordanien lebt. „Vor 70 Jahren, als ich so alt war wie Du, war ich auch ein Flüchtling. Ich erzähle Dir meine Geschichte, um Dich wissen zu lassen, dass es Menschen auf dieser Welt gibt, die helfen können, auch wenn eine Situation noch so hoffnungslos zu sein scheint.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Gunters Familie nichts mehr. „Es gab nicht einen einzigen Tag, an dem ich nicht hungrig war." Er erzählt, wie er sein Zuhause in Langendorf in Ostpreußen verlassen musste, um (erfolglos) vor der russischen Armee zu fliehen. „Um meiner Familie zu helfen, ging ich zu russischen Familien, um Brot zu erbetteln."
Glücklicherweise erhielt seine Familie eines Tages ein CARE-Paket aus Amerika mit lebenswichtigen Inhalten. Als CARE Gunter und andere CARE-Paket-Empfänger:innen bat, Briefe an syrische Flüchtlinge zu schreiben, war er sofort begeistert von der Idee. Er beschreibt für Zaher nicht nur die harten Zeiten, die er durchmachen musste, sondern auch seine Hoffnung und sein Durchhaltevermögen. Sie führten ihn letztendlich wieder in ein glückliches Leben.

Also setzt sich Gunter eines Nachmittags in seiner Wohnung in Chicago an den Computer und schreibt einen Brief an Zaher. Als er fertig ist, nimmt er sich ein weißes Blatt Papier und beginnt es zu falten. „In den schweren Zeiten habe ich Freude an den einfachsten Dingen gefunden. So entstand meine Leidenschaft für Papierflieger. Auch heute bastel ich sie noch."

Er faltet drei Flieger, jeden ein bisschen anders. Auf alle schreibt er „Zaher Air Lines". Zusammen mit dem Brief und einem alten Foto von sich steckt Gunter die Flieger in ein CARE-Paket.

Zaher und seine Familie lesen den Brief.

Ein CARE-Paket sendet Zuversicht - Damals wie heute

Eines der Fotos zeigt ihn mit seiner geliebten Schäferhündin Senta. „Ich war am Boden zerstört, als ich erfahren habe, dass wir Senta zurücklassen mussten." Er packt noch ein Notizbuch und Stifte, etwas Schokolade, einen gestrickten Hut und ein großes, aktuelles Foto von sich in das Paket.

Ich wünschte, ich könnte Zahers Reaktion beim Auspacken sehen."

Eine Woche später sitzt Zaher auf dem Boden eines kahlen Raums in einer Wohnung in Irbid, Jordanien. Dort lebt er mit seinen Eltern und seinen fünf Geschwistern. Neugierig schaut er sich das Foto eines lächelnden, grauhaarigen Mannes an. „Er erinnert mich an meinen Opa!“ ruft er. Aufgeregt liest er den Brief des Fremden.

Gunters Geschichte berührt ihn sehr. „Ich würde ihm gerne von meinem Leben in Syrien erzählen. Davon, dass wir ein Haus, Bäume und einen Garten hatten.

Er liest weiter. „Lieber Zaher, ich hoffe von ganzem Herzen, dass Deine jetzige Schulsituation besser ist, als meine es war und ich bin zuversichtlich, dass sich Deine Lebenslage bald verbessern wird. Ganz gleich wo Du lebst, versuche jedoch bitte, soviel wie möglich durch das Lesen von Büchern zu lernen. Der Tag wird kommen, an dem sich das alles bezahlt macht. “

Zaher lächelt. Er gehört zu den wenigen Geflüchteten hier, die einen Platz in der Schule bekommen haben. „Wenn ich Gunter treffen würde, würde ich ihm von meiner Schule, meinen Freunden und meinem Lieblingslehrer erzählen."

Gunter schreibt weiter: „Eines Tages, völlig unerwartet, erhielten wir ein riesengroßes CARE-Paket aus Amerika mit einer unglaublich großen Menge von bunten Packungen und Konservendosen: Reis, Rosinen, Backpflaumen, Fruchtsalat, Kaffee, Kakao, Corned Beef und Dosenfleisch. In den nächsten zwei Jahren erhielten wir mehr als ein Dutzend CARE-Pakete."

Als Zaher weiterliest, erfährt er, dass Gunter später nach Amerika ausgewandert ist, mit 40 seine Frau heiratete und zwei Söhne bekam. „Inzwischen sind sie beide größer als ich!"
Er kramt weiter in dem Paket und holt ein Stück Papier heraus, das merkwürdig gefaltet ist. Er sieht seinen Namen darauf und erkennt, dass es ein Papierflugzeug ist. Er wirft es durch den Raum und muss kichern, als es seine Mutter am Arm trifft.

Hoffnung im Gepäck

Sein Vater ist froh, seinen Sohn einen kleinen Moment lang fröhlich zu sehen. „Der Krieg hat Zaher sehr verändert. Er ist jetzt viel stiller und geht nicht mehr so offen auf Leute zu. Das Leben hier ist anders als das in Syrien. Mir sind die Hände gebunden, ich kann meiner Familie nichts mehr kaufen. Ich habe nichts mehr zu geben." Gunters Brief hat auch Zahers Vater berührt. „Ich habe das Gefühl, mit ihm zu leiden. Es ist, als würde ich in seinem Brief über mein eigenes Leben lesen."

Vater und Sohn schauen sich das Bild von Gunter und seinem Hund an. Auch sie vermissen ihre Haustiere – sie mussten die geliebte Familienkatze und einige Tauben zurücklassen.

Zaher steht auf, um seinen Rucksack für die Schule zu packen. Am Ende steckt er noch sein neues Notizbuch und die Stifte ein. Die Dinge, die ihm von einem Fremden geschickt wurden, der am anderen Ende der Welt lebt. Doch die Worte dieses Fremden erinnern ihn daran, dass eines Tages vielleicht alles besser wird.

Hier klicken, um Gunters Originalbrief zu lesen.

Auf unserem YouTube-Kanal können Sie sich ein Video zu den „Briefen der Hoffnung" anschauen.

Hier kommen Sie zum zweiten Teil des Blogbeitrags. Darin schreibt die 87-jährige Helga einen Brief an die 16-jährige Sajeda an Syrien.

CARE unterstützt Kinder wie Zaher, damit sie in der Fremde die Hoffnung nicht verlieren. Sie können helfen - mit Ihrer Spende!

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