Von Hanan, 33, Mutter aus Syrien
Die Flucht nach Deutschland als einziger Ausweg
Mein Ehemann verließ Jordanien Mitte letzten Jahres. Sein Ziel: Deutschland. Hier in Jordanien musste er im informellen Sektor arbeiten, weil Flüchtlinge keine Arbeitserlaubnis erhalten. Die Behörden nahmen ihn zwei Mal fest und drohten uns mit der Abschiebung nach Syrien. Das letzte Mal, als er verhaftet wurde, weinte ich ununterbrochen und flehte die Beamt:innen einen ganzen Tag lang an, uns nicht zurück zu schicken. Irgendwann beschloss mein Mann, nach Europa zu fliehen. Alles sei besser als unsere Situation hier in Jordanien, sagte er. Uns geht es vor allem um unsere fünf Kinder. Welche Zukunft können wir ihnen hier schon bieten? Um die Flucht zu finanzieren, lieh er sich insgesamt über 1.700 Euro von Freund:innen.
Vor einigen Tagen sprach ich das letzte Mal mit ihm. Er sagte, er sei in der Nähe von Frankfurt in einem Flüchtlingscamp. Er sagt, Deutschland sei ein gutes Land. Der Weg dorthin war jedoch sehr hart. Er hatte nichts mitgenommen, außer den Kleidern, die er trug. Er wusste, es würde schwierig sein, doch er nahm es für unsere Kinder auf sich. Wir hörten manchmal tagelang nichts von ihm. Er erzählte mir, dass seine Vorräte schnell aufgebraucht waren und er im Wald nach Früchten suchte, um überhaupt irgendetwas zu essen zu haben. Wasser gab es nur, wenn sie an einem Fluss vorbeikamen. Das Schlimmste an der Reise war die Überfahrt mit dem Boot. Sie dauerte zehn Stunden. Gegen Ende der Überfahrt drang Wasser von allen Seiten in das Boot und beinahe wären sie gekentert.
Kaum Überlebenschancen und keine Perspektive
Es ist für mich sehr schwierig hier ohne ihn. Ich muss mich ganz alleine um die Familie kümmern, unsere Kinder und meine altersschwache Schwiegermutter. Um die Miete zahlen zu können, muss ich mir ständig Geld von Freund:innen und Nachbar:innen leihen. Wir müssen rund 250 Euro Miete im Monat zahlen. Wenn wir die Miete nicht zahlen, müssen wir ausziehen. Wir bekamen neulich eine Bargeldhilfe von CARE, aber das verschafft uns nur kurzfristig etwas Luft zum Atmen.
Ich hoffe, dass mein Mann bald Arbeit bekommt und uns Geld schicken kann. Und ich hoffe, dass wir eines Tages nach Deutschland kommen können und dort als Familie in Frieden leben. Ich vermisse meinen Ehemann sehr. In elf Jahren Ehe ist es das erste Mal, dass wir so lange getrennt sind. Ich vermisse alles an ihm, aber am schlimmsten ist, dass die Kinder ihren Vater so sehr vermissen. Sie fragen andauernd nach ihm und wollen wissen, wann sie ihn wiedersehen. Ich weiß nicht, was ich ihnen sagen soll.
Ich weiß, dass es auch in Deutschland nicht einfach sein wird, aber es wird besser sein als hier. In Syrien waren mein Mann und ich Lehrer:innen, daher sind wir motiviert, die deutsche Sprache zu lernen. Und unsere Kinder könnten endlich wieder zur Schule gehen. Wenn mein Mann uns nicht zu sich holen kann, dann befürchte ich, habe ich keine andere Wahl: Ich werde mir viel Geld leihen müssen und den Weg auf mich nehmen, mit unseren Kindern. Ich habe schreckliche Angst vor dem, was mich auf dem Weg erwartet, aber ich weiß, dass es hier keine Zukunft für uns gibt. Man wird mir irgendwann kein Geld mehr leihen und wir werden nicht überleben können.
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