Von Jemima Newsome, Bundesfreiwillige bei CARE im Berliner Büro
Seit mehr als vier Jahren herrscht ein grausamer Konflikt im Jemen und täglich leiden Millionen von Menschen darunter. Doch als ich am 23. September in Berlin eine fünfköpfige Delegation aus dem Jemen willkommen heiße, treffe ich auf vier Frauen und einen Mann, die großeHoffnungen haben, voller Inspiration sind und trotz ihres oft sehr schwierigen Alltags unglaublich dankbar sind.
Abeer, Hana, Sami, Shaima und Suha sind nach Deutschland gekommen, um von Initiativen zu berichten, die ihr Heimatland positiv verändern. Anstatt sich auf das Leid und den Schmerz des Krieges zu konzentrieren, erzählen sie von Kunstprojekten, Jugendbewegungen und Frauenrechten. Als Bühne dient ihnen ein kleines Bootshaus an der Spree – typisch Berlinerisch, grauer Beton, vorbeifahrende Schiffe schlagen Wellen gegen die Fassade, die Atmosphäre ist rau, aber besonders.
CARE unterstützt Frauen und Mädchen im Jemen
Gespannt und voller Neugierde sitze ich im Publikum, während die Jemenitinnen sich vorstellen. Suha Basharen ist Genderexpertin bei CARE im Jemen. „Frauen und Mädchen sind am meisten vom Konflikt betroffen“, sagt sie. „Sie sind häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen, müssen in vielen Fällen als neue Familienoberhäupter eine Rolle übernehmen, auf die sie sich nicht vorbereiten konnten, und oftmals ihre Familie alleine ernähren.“ Hier steigt CARE ein – Frauen können Beratungsangebote wahrnehmen, werden mit Lebensmitteln unterstützt oder dabei, eigene Kleinunternehmen zu gründen, um ihre Familien ernähren zu können.
Hilfsprojekte zur Stärkung der Zivilgesellschaft
Der Jemen braucht nicht nur humanitäre Hilfe, sondern auch eine starke Zivilgesellschaft. „Wir benötigen soziale Unterstützung. Jugendliche brauchen bessere Bildungschancen und eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt“, erläutert Sami, der Jugendbewegungen dabei hilft, soziale Medien zu nutzen, um ihre Botschaft zu verbreiten.
Auch die Kunst spielt dabei eine wichtige Rolle. „In Zeiten des Krieges ist die Kunst noch viel wichtiger als sonst“, ergänzt Shaima, Geschäftsführerin von „Basement“, einer Organisation, die über Kunst die kulturelle und soziale Entwicklung fördert. „Durch die Kunst erhalten Menschen die Chance, den Kriegsalltag zu verarbeiten. Gleichzeitig erreichen Künstler:innen über ihre Werke ganz andere Zielgruppen als Journalist:innen oder humanitäre Organisationen.“
Dazu gehört auch, dass Frauen in wichtige gesellschaftliche Prozesse einbezogen werden. „Habt Ihr schon mal gehört, dass Frauen einen Krieg begonnen haben?“, fragt Suha. „Frauen sind diejenigen, die ihre Familien alleine ernähren und ihre Kinder alleine erziehen, während ihre Männer an der Front kämpfen. Sie haben ein Recht darauf, eine Stimme zu haben. Nicht nur in ihren Gemeinden, sondern auch an den internationalen Friedenstischen.“
Die Menschlichkeit hört mit dem Krieg nicht auf
Auch wenn das oft schwer ist. „Manchmal schließe ich mich im Badezimmer ein und weine. Aber für meine beiden Kinder bin ich stark. Sie geben mir Kraft genauso wie meine sechs Hunde.“ Sami verbringt gerne Zeit mit Freund:innen und seiner Familie, um den Konflikt für kurze Zeit zu vergessen.
Ein Blick hinter die gängigen internationalen Schlagzeilen von Krieg, Hunger und Cholera war Ziel des Abends und ich lernte tatsächlich viel Neues. Neben all der internationalen Hilfe, die von Organisationen wie CARE geleistet wird, gibt es auch einen großen Zusammenhalt unter den Menschen im Jemen. Obwohl sie oft nur einmal am Tag essen, teilen sie ihre Mahlzeiten mit Familienmitgliedern oder Nachbar:innen. Familien versuchen ihre Tradition des Teilens hochzuhalten und Normalität in den Kriegsalltag zu bringen.
Wenn ich eines gelernt habe an diesem Abend ist es, dass Menschlichkeit mit dem Krieg nicht aufhört. Ganz im Gegenteil: Zusammenhalt und Momente des Glücks sind es, die den Menschen in ihren schwierigsten Zeiten helfen, nicht aufzugeben.
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