Von Karl-Otto Zentel, Generalsekretär CARE Deutschland-Luxemburg
Die Lage im Jemen ist dramatisch. Dies wurde mir durch meinen Besuch vor Ort eindrücklich vor Augen geführt. 19 Millionen Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe. Eine Zahl, die derartig hoch ist, dass man sich das Leid kaum vorstellen kann. Das sind so viele Menschen wie Schweiz und Schweden Einwohner:innen haben.
Die Krise im Jemen muss Gehör finden
Ziel meiner Reise in den Jemen war es, einen Eindruck der Situation vor Ort und von der Hilfe von CARE und anderen Organisationen zu bekommen. Nach meiner Rückkehr sprach ich mit zahlreichen Medienvertreter:innen, Politiker:innen und Geldgebern, um die Dringlichkeit dieser großen humanitären Krise wieder mehr auf die öffentliche Agenda zu bringen. Als Hilfsorganisation sind wir immer auch auf Spenden angewiesen – wenn niemand von einer Katastrophe wie der im Jemen hört, wird leider auch nicht gespendet.
Am 10. April war ich bei der Bundespressekonferenz in Berlin eingeladen. Zusammen mit Marten Mylius, dem CARE-Nothilfekoordinator im Nahen Osten und Nordafrika, berichteten wir über die humanitäre Situation im Jemen. Unser Appell: Wenn Krieg und Blockaden anhalten, ist eine Hungersnot unabwendbar. Gemeinsam mit Konfliktparteien muss sofort an einer schnellen und nachhaltigen politischen Lösung des Konfliktes gearbeitet werden.
Große Hürden für die humanitäre Hilfe
Als Hilfsorganisationen ist der Zugang zu hilfsbedürftigen Menschen immer wieder äußerst schwierig. Auch fehlen uns Gelder, um umfassende humanitäre Hilfe leisten zu können. Denn bisher sind nur etwa 15 Prozent der benötigten knapp 2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt worden. Teilweise müssen wir Projekte in Regionen beenden, obwohl dort Menschen ohne Hilfe kaum überleben können. Ein Beispiel: Bei meinem Besuch in dem Dorf Al Shagadera erzählen mir die Bewohner:innen von ihrer aussichtslosen Situation. CARE hat in diesem Distrikt Food Baskets und Geld verteilt. Über einen Zeitraum von sieben Monaten wurden vier Verteilungen davon durchgeführt. Das Projekt musste jetzt beendet werden. Dementsprechend sind die Dorfbewohner:innen besorgt. Es sind noch sechs Monate bis zur nächsten Ernte und es gibt bereits Menschen, die hungern.
Die Weltgemeinschaft darf nicht weiter wegschauen
Durch die Bundespressekonferenz ist es uns gelungen, viele Medien auf die drohende Hungersnot aufmerksam zu machen und das Thema wieder etwas mehr in die Öffentlichkeit zu bringen. Marten Mylius und ich gaben im Anschluss an die Bundespressekonferenz weitere Interviews. Unter anderem berichteten ZDF heute, Deutschlandfunk und das Domradio.
Durch die mediale Verbreitung und Berichterstattung erhoffen wir uns, dass es mehr Gelder und mehr politischen Druck auf die Konfliktparteien gibt. Langfristig wird nur Frieden weiteres Leid der Menschen verhindern können.
Durch die Arbeit von CARE vor Ort und hier in Deutschland hoffen wir, dass der Jemen bald nicht mehr das Label „vergessene Krise“ trägt. Das Land wird sich zwar weiterhin in einer Krise befinden, aber mehr Aufmerksamkeit, mehr politisches Handeln und mehr Gelder werden hoffentlich zu einer positiven Veränderung führen.
In den nächsten Wochen wird maßgeblich über die Zukunft des Landes entschieden. Auch bei der Internationalen Geberkonferenz in Genf am 25. April wird Jemen im Mittelpunkt stehen. Die Weltgemeinschaft darf nicht weiter wegschauen. Armut, Hunger und Vertreibung bestimmen aktuell das Land. Je länger nicht gehandelt wird, desto gravierender werden die Auswirkungen für die Menschen im Land und letztlich auch die Stabilität des Landes und der gesamten Region.
Die letzten Blogs von Karl-Otto Zentel: „Reise in eine vergessene Krise“, „Frauen im Jemen: Inmitten turbulenter Zeiten“.
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