Von Karl-Otto Zentel, Generalsekretär CARE Deutschland-Luxemburg
Der Jemen - eine „vergessene“ Krise. So wird die derzeitige Situation im ärmsten Land des Nahen Osten oft betitelt. Der Jemen, in dem eine Hungersnot droht und der seit zwei Jahren von Krieg erschüttert wird, steht selten im Zentrum der Aufmerksamkeit. Für mich ein Grund, mir selbst vor Ort ein Bild von der Situation zu machen und darüber zu berichten.
Große Hürden für die Nothilfe im Jemen
Ich muss zugeben, ich weiß nicht genau, was mich erwartet. Nach Jahren bin ich nun der erste CARE-Mitarbeiter aus Deutschland, der in den Jemen reist. Es gab einige bürokratische Hürden zu überwinden, und auch die Sicherheitssituation hat die Planungen immer wieder erschwert. Durch meine Planungen habe ich einen ersten Einblick bekommen, wie schwierig es ist, vor Ort Hilfe zu leisten. Effektive Nothilfe ist eine große Herausforderung, wenn der Zugang zu den Menschen in Not nicht gewährt wird, wenn ein Konflikt auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen wird. Vor allem die humanitäre Hilfe für eine Viertel Millionen Menschen, die in belagerten Gebieten leben, ist nahezu unmöglich. Die Helfer:innen setzen ihr eigenes Leben dabei aufs Spiel. CARE ist eine der wenigen Hilfsorganisationen, die derzeit im Jemen tätig sind. Meine lokalen Kolleg:innen arbeiten seit Jahren unter Hochdruck, um eine humanitäre Katastrophe abzuwenden, verteilen Hygiene-Pakete, Lebensmittel und Bargeld, setzen Wasseranlagen und Toiletten instand. Bisher konnte CARE so über 1,3 Millionen Menschen unterstützen.
Am Abgrund einer riesigen humanitären Katastrophe
Zwei Jahre nach Beginn des Krieges ist das Land vom Krieg gezeichnet. Der Jemen steht am Abgrund einer riesigen humanitären Katastrophe. Mehr als 10.000 Menschen sind bei Angriffen der Konfliktparteien ums Leben gekommen, etwa 17 Millionen Menschen können ohne humanitäre Hilfe nicht überleben. Sieben Millionen Menschen hungern, mehr als drei Millionen sind Flüchtling im eigenen Land. Umso wichtiger ist es, dass CARE trotz größter Schwierigkeiten weiterhin vor Ort arbeitet und die Menschen unterstützt.
In den nächsten zehn Tagen werde ich mit Menschen in Amran, Hajjah und Aden sprechen, die seit Jahren unter Hunger und Krieg leiden. Ich werde einige Trinkwasser-Projekte besuchen und die von CARE gebauten Brunnen besichtigen. Sieben Euro kostet es pro Person, einen Brunnen zu bauen, der Mütter, Väter und ihre Kinder über ein Solarsystem mit Wasser versorgt. Eine Hilfe, die in der derzeitigen Situation dringend benötigt wird. Ich bin gespannt, was mich in den nächsten Tagen erwartet, wie die Situation im Jemen für die Menschen vor Ort ist, wie CARE hilft, und was wir tun können, damit diese Krise weniger „vergessen“ ist.
Der dritte Blog von Karl-Otto Zentel: Frauen im Jemen - Aufbruch inmitten turbulenter Zeiten
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