„Krankheiten heilen oder Hunger bekämpfen?“ – Vor dieser Wahl stehen derzeit Millionen Jemeniten. 18,8 Millionen Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe. 14,5 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, 17 Millionen Menschen leiden unter Ernährungsunsicherheit, und circa 2 Millionen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Doch mit dem massiven Ausbruch der Cholera droht dem Land, den humanitären Helfern und vor allem den Menschen vor Ort die endgültige Katastrophe. Allein der Regierungsbezirk Hajja berichtete von bis zu 20.000 Cholera-Infizierten, die höchste Zahl seit April. Insgesamt wurden bisher über 200.000 Erkrankte und 5.000 neue Fälle pro Tag registriert. Das kaum funktionale Gesundheitssystem steht vor einer nicht lösbaren Herausforderung.
Doch während das Rennen um die Krankheitsbekämpfung weiter geht, sollten die akuten Bedürfnisse von Millionen von Jemeniten nicht in Vergessenheit geraten, fordert Wael Ibrahim, Länderdirektor von CARE Jemen. „Dieser Ausbruch der Cholera ist ein Symptom einer komplexen und vielschichtigen Krise, die eine Lösung benötigt, die über das Behandeln und die Prävention von Infektionen hinausgeht“, erklärt er weiter.
Bedrückende Wochen in den Krankenstationen des Landes
Das Schicksal des 55-jährigen Ahmad Ali steht symptomatisch für das seines Landes. Er wurde von seinem Sohn in das Aljomhuri Krankenhaus in Hajja gebracht. Nachdem er fünf Tage mit einer Cholera-Infektion kämpfte, verlor er das Bewusstsein. Wie Millionen anderer Menschen, war es auch bei Ali die Angst vor hohen Krankenhauskosten, die ihn lange davon abhielt, sich rechtzeitig behandeln zu lassen. „Ich konnte die Reise in die Stadt und die Krankenhauskosten nicht bezahlen. Meine Söhne haben keine Arbeit und ich bin der Einzige, der ein Einkommen hat.“ Alis Gehalt als Tagelöhner reicht kaum aus, um seine Familie zu ernähren. Als sein Zustand sich zunehmend und schnell verschlechterte, musste er ins Krankenhaus gebracht werden – es ging nun um sein Leben.
Nach fast drei Jahren des intensiven Konflikts sind mehr als die Hälfte der medizinischen Einrichtungen geschlossen oder nur noch zum Teil funktionsfähig. Die wenigen Mitarbeiter, die es noch gibt, haben seit mittlerweile acht Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Um weiter Leben retten zu können, muss in den Krankenhäusern improvisiert werden. Denn es fehlt an allem. Auf vollen Korridoren, die in Cholera-Isolierstationen umgewandelt wurden, versorgen Ärzte und Krankenschwestern die akuten Fälle in der Hoffnung, dass es zumindest für ein paar Stunden keine neuen Fälle geben wird. Und inmitten der veraltenden Monitore sieht man zusammengekniffene Augen von Menschen, die verzweifelt auf Hilfe warten.
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