Im Rahmen eines CARE-Projekts in äthiopischen Gemeinden werden kommunale Analyse- und Aktionsgruppen eingerichtet, die über Traditionen und soziale Normen diskutieren und diese hinterfragen. Die Gemeindemitglieder kommen zusammen, und diskutieren über Normen wie Frühehen, weibliche Genitalverstümmelung, aber auch über Arbeitsteilung, etwa im Haushalt. Sarah Easter, Referentin für Nothilfe-Kommunikation, befragte ein Ehepaar, wie sie sich die Hausarbeit aufteilen.

Wagnew und Wubare aus Äthiopien

Sarah: Wer übernimmt von euch welche Aufgaben im Haushalt?

Wubare (Ehefrau): Früher verbrachte ich 16 Stunden am Tag mit der Erledigung aller Aufgaben im Haushalt. Ich koche, sammle Feuerholz und hole Wasser von einer fast zwei Stunden entfernten Quelle. Ich kümmere mich um unsere fünf Kinder, das Baby trage ich in einem Stück Stoff auf meinem Rücken. Ich kümmere mich um unsere Felder und ernte die Früchte.

Außerdem putze ich das Haus, wasche die Wäsche, kümmere mich um unser Vieh, füttere und melke es und sammle die Eier ein. Ich gehe zum Markt, um unsere Ernte oder die tierischen Produkte zu verkaufen und um die Lebensmittel für meine Familie zu kaufen. Ich koche Kaffee, sortiere und reinige Bohnen und Samen, wasche das Geschirr und sorge dafür, dass das Haus sauber ist. Früher habe ich das allein gemacht, wie jede andere Frau in unserer Gemeinde auch.

Mann aus Äthiopien mit Kind auf dem Arm

 

Wagnew (Ehemann): Ja, ich habe im Haushalt nie geholfen oder etwas gemacht. Ich empfand es als eine große Beleidigung, wenn ich derjenige war, der abwaschen oder kochen musste. Jetzt koche ich sogar gerne. Ich koche den Kaffee und helfe bei der Erziehung der Kinder.

Das Baby zu versorgen, ist jetzt sogar meine schönste Aufgabe. Heute habe ich das Frühstück für meine Frau und die Kinder zubereitet. Wir haben keine festen Aufgaben, sondern kommunizieren einfach miteinander und helfen uns gegenseitig aus.

Sarah: Was hat sich dadurch verändert?

Wagnew: Ich habe mich einer CARE-Gruppe für soziale Analyse und Aktionen angeschlossen. Zusammen mit anderen Gemeindemitgliedern haben wir über unsere Traditionen und Normen gesprochen. Bei einer Sitzung sprachen wir über Arbeitsteilung und darüber, dass wir traditionell dachten, dass häusliche Tätigkeiten nur für Frauen seien.

Wir diskutierten die Hintergründe dieser Vorstellung und die Frauen erzählten uns, welche Auswirkungen dies auf sie hat. Sie verbringen einen großen Teil ihres Tages mit diesen Aufgaben. Durch die Aufteilung der Arbeit haben die Frauen jetzt mehr Zeit, die Familie wirtschaftlich zu unterstützen und mehr Zeit, die Kinder zu fördern und sie zu unterstützen. Wir haben also beschlossen, die Norm zu ändern, sodass die Männer jetzt eine neue Rolle übernehmen.

Mann aus Ätihiopien am kochen

Sarah: Was dachten Sie, als Ihr Mann nach Hause kam und Ihnen sagte, er wolle eine Rolle im Haushalt übernehmen?

Wagnew (lacht): Sie hat meinen Vorschlag zunächst abgelehnt.

Wubare: Ich hatte Angst, dass die Nachbarn lachen könnten, wenn Wagnew anfängt zu kochen und den Boden zu fegen, und dass sie glauben, ich sei eine schlechte Ehefrau.

Wagnew: Aber ich konnte sie überzeugen, und sie hat die Vorteile erkannt. Außerdem hat nie jemand gelacht. Wir verändern uns als Gemeinschaft.

Wubare: Ich bin sehr dankbar, und ich bin sehr erleichtert. Er nimmt mir viel von meiner früheren Arbeitslast ab, die mich viel Zeit kostete. Jetzt fühle ich mich sehr entlastet und habe auch Zeit für mich.

Sarah: Wie verändert das Ihre lokale Gemeinschaft?

Wubare: Frauen haben jetzt mehr Freizeit und können ihre Familie unterstützen, indem sie zum Beispiel ein kleines Unternehmen gründen. Das verändert die Haltung und die traditionellen Rollen. Kochen und Kinderbetreuung sind nicht mehr ausschließlich Aufgabe der Frauen, sondern eine Aufgabe, die wir als Familie gemeinsam erledigen. Die Jungen in unserer Gemeinschaft wachsen auf und sehen, dass auch sie diese Arbeit machen können, und das verändert die Generationen.

Familie aus Äthiopien

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