Kalayu steht auf einem Feld.

„Hier wächst nichts mehr. Es gibt nur noch Staub und trockene, tote Erde", beschreibt der 70-jährige Kalayu, während er auf seinem Feld steht. In der einen Hand hält er einen Pflug, mit der anderen hebt er eine handvoll seines Bodens auf. Der Boden ist so trocken, dass Sand zwischen seinen Fingern zerrinnt und eine Staubwolke seinen Körper bedeckt. „In der letzten Saison gab es überhaupt keine Ernte. Wir hatten keinen Regen. Also ist unsere Saat nicht gewachsen“, sagt der Landwirt. Fehlende Regenfälle in Äthiopien haben die gesamte landwirtschaftliche Produktion sowie die Oberflächen- und Grundwasserressourcen, insbesondere in Tigray, beeinträchtigt. Von der gesamten Anbaufläche der Region (1,3 Millionen Hektar) wurde aufgrund der Dürre nur die Hälfte bepflanzt, und davon wurden nur 37 Prozent in der Hauptsaison geerntet.

„Normalerweise säen wir zwischen Mai und Juni, dann setzt der Regen ein und hält bis September an, und wir ernten im Oktober. Aber letztes Jahr war das nicht so“, erklärt Kalayu. Dies ist die Hauptregenzeit, die normalerweise 50-80 Prozent der jährlichen Niederschlagsmenge ausmacht. Der Mangel an Niederschlägen hat schwerwiegende Folgen für die Bevölkerung. 80 Prozent der Bevölkerung von Tigray sind Landwirt:innen, die von ihren Ernten abhängig sind, um zu überleben. Derzeit benötigen fast 1,4 Millionen Menschen in Tigray aufgrund der Dürre dringend Nahrungsmittel.

Kalayu kniet auf einem trockenen Feld.
Eine trockene Landschaft in Äthiopien.

Eine grüne Oase im trockenen Tigray

Auf dem Weg zu Kalayus Dorf ist die Landschaft eine Mischung aus trockenem felsigem Boden und abgestorbenen Sträuchern. Die Menschen auf der Straße tragen alle Arten von Wasserkanistern wie Blumengießkannen, Eimer, leere Plastikflaschen und Kanister mit sich herum. Jeder hat etwas dabei, das Wasser transportieren kann. Ein Esel mit einem Generator auf dem Rücken wird zu einem trockenen Flussbett getrieben. In der Ferne bleibt eine kleine Pfütze übrig, um welche die Dorfbewohner:innen kauern, um Wasser zu sammeln. Ein Schlauch wird flach auf den Boden gelegt, um das wenige Wasser auf Felder zu pumpen. Wer es sich leisten kann, einen Generator zu benutzen, hat Glück, denn der Treibstoff ist sehr teuer. In der Nähe des Dorfes gibt es jedoch etwas Grün, das sich seltsam von der ansonsten braun-beigen, trockenen Umgebung abhebt. Auf einer Handvoll Felder wachsen Sorghum, Mais, Hirse und Zwiebeln gut. „Das liegt an der Bewässerung. Ich gehöre zu den Glücklichen, die durch Bewässerung auf zwei meiner Felder Zugang zu Wasser haben. Ich kann Sorghum und Zwiebeln anbauen, was jetzt meine Haupteinnahmequelle ist, und die Bewässerung ist meine einzige Hoffnung“, sagt Kalayu. Anstatt sich auf den Regen zu verlassen und nur einmal im Jahr zu ernten, kann er nun bis zu viermal im Jahr ernten.

Eine Bewässerungsanlage in Äthiopien.

Vier Ernten pro Jahr anstelle von einer

„Vor dem Konflikt war ich ein selbständiger Landwirt, aber der Konflikt hat mir alle meine Ressourcen genommen. Alle meine Ziegen und Schafe sind verloren gegangen. Wir waren auf sie angewiesen. Sie waren die Quelle unseres Glücks und unseres unmittelbaren Einkommens. Wir waren auf die Milch angewiesen, um uns zu ernähren“, sagt der Vater von fünf Kindern. „Erst kam der Konflikt, dann kam die Dürre“, fügt er hinzu. Er erntet Sorghum, das normalerweise eine hohe Trockentoleranz aufweist und aufgrund seines großen Wurzelsystems nicht so viel Wasser benötigt wie andere Pflanzen. Das Getreide kann als Nahrungsmittel für Mensch und Tier verwendet werden. Es wird meist geröstet und hat eine braun-gelbe Farbe, ist sehr klein und schmeckt trocken und knusprig. Sorghum braucht alle vier Wochen Wasser, Zwiebeln alle zwei Wochen.

„Ich erhalte einmal im Monat Wasser aus dem Bewässerungssystem, weil es nicht für alle reicht, aber es ist mehr, als ich hätte, wenn ich auf Regen angewiesen wäre“, erklärt Kalayu. Das Wasser wird von der Gemeinde je nach Anbauform und Größe des Feldes zugeteilt. Bei der Bewässerung wird das Wasser aus einem größeren Fluss oben in den Bergen durch einen Steinkanal umgeleitet, von dem die Felder entlang des Kanals profitieren. Die konfliktbedingte Zerstörung der Wasserinfrastruktur hat die vor dem Konflikt bestehenden Probleme in Bezug auf die Verfügbarkeit und den Zugang zu Wasser noch verschärft.

Kalayu steht zwischen seinen Pflanzen.

Der Bewässerungskanal in dieser Gemeinde wurde von CARE und einem Partner im Rahmen des SELAM-Projekts, welches von der EU finanzier wird, repariert und wiederhergestellt, und die Gemeinde wurde bei seiner Verwaltung unterstützt. Nur fünf Prozent der potenziell bewässerungsfähigen Fläche Äthiopiens werden derzeit bewässert. 95 Prozent sind vom Niederschlag abhängig. „Das ist unsere gesamte Lebensgrundlage. Ohne sie gibt es hier kein Leben. Für diejenigen, die das Glück haben, Zugang zu haben, reicht es zum Überleben“, erklärt Kalayu, während er seine Sorghum-Pflanzen nach Unkraut absucht und dieses mit dem Pflug ausreißt. 

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