Von Amene*, 22, aus Afghanistan
„Ich war Schneiderin im Iran und habe dort auch meinen späteren Ehemann getroffen. Es gab aber viele Schwierigkeiten für uns. Wir waren als afghanische Flüchtlinge Menschen zweiter Klasse und konnten nicht heiraten, also sind wir nach Europa geflohen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Wir blieben zwei Monate in der Türkei und heirateten dort. Unsere Reise führte uns weiter bis nach Griechenland. Wir gehen jetzt hier zur Schule und mein Mann arbeitet bei Gelegenheit als Schneider. Ich würde auch gerne arbeiten, aber wegen der Sprache ist es für mich sehr schwer.“
Amene und ihr Mann verließen den Iran 2015 und erreichten Griechenland ein Jahr später. Als Afghan:innen ist es für sie unmöglich, als Geflüchtete innerhalb Europas umverteilt zu werden, also baten sie in Griechenland um Asyl.
*Name geändert
Mich kann nichts mehr aufhalten
„In einem Flüchtlingscamp zu leben ist eine der schwierigsten Erfahrungen, die ich je machen musste. Ich lebe im Camp Elliniko, in der Nähe von Athen. Ich habe gemischte Gefühle, wenn ich über mein Leben hier nachdenke. Ein klein wenig ist es wie das Leben in unserem Dorf früher. Manchmal ist es sehr kalt, manchmal aber auch sehr heiß. Jetzt gerade ist Frühling, da wachsen wunderschöne Blumen zwischen den Zelten.“
„Ich fühle mich sicher in dem Lager. Ich kann durchaus sagen, dass das Leben dort für mich in Ordnung ist. Manchmal bin ich aber gestresst. Überwiegend weil ich nicht weiß, wie es mit mir weitergeht; es macht mich verrückt, nicht zu wissen, ob sie meinen Asylantrag genehmigen und wie lange ich noch unter den aktuellen Bedingungen leben muss.
Aber die Unsicherheit und das Stressgefühl verfliegen dann auch wieder nach einiger Zeit. Das Leben ist ja OK für mich. Ich versuche mich darauf zu konzentrieren, dass ich überlebt habe und nun in Sicherheit bin. Ich bin einst vor Krieg aus Afghanistan geflohen, dann vor Unterdrückung aus dem Iran. Mich kann nichts mehr aufhalten. Ja, ich bin dem Leben im Camp gewachsen. Aber viele Kinder und Mütter hier sind es nicht.“
Die Zustände im Flüchtlingscamp machen mich traurig
„Es macht mich traurig zu sehen, wie Kinder in den Camps spielen und unterbewusst weiter versuchen, Kinder zu sein. Sie rennen in zerrissenen Schuhen oder barfuß herum, spielen mit allem, was sie finden können. Sie ersetzen Bälle mit Steinen, spielen auf den großen Müllbergen. Überbleibsel von nie fertig gestellten Bauarbeiten dienen als Spielplätze. Wo auch immer es geht, versuchen sie Schaukeln und anderes Spielgerät selber zu bauen.“
„Es macht mich traurig, Mütter zu sehen, die mehr als zwei Stunden auf eine warme Dusche warten müssen und die Kleidung ihrer Babys nicht vernünftig waschen und trocknen können.
Und zuletzt macht es mich traurig zu sehen, wie Eltern ihre Hoffnungen und Träume aufgegeben haben. Eltern, die so erschöpft und entmutigt sind und ihre Kinder mit gefährlichem ‚Spielzeug‘ wie dem Baumaterial spielen lassen. Ich mache ihnen keinen Vorwurf. Sie sind einfach erschöpft.“
Diese Hoffnung bleibt
„Ich hoffe, mein zweijähriger Freund und Nachbar und alle anderen Flüchtlingskinder, Mütter und Väter können die Lager so schnell wie möglich verlassen. Ich hoffe, dass sie das bessere Leben finden, für das sie so hart gekämpft haben. Ein sicheres Leben voller Freude.“
Diese Geschichte ist Teil des Fotoprojektes „Mit ihren Augen“, welches von CARE Griechenland in Kooperation mit dem Melissa Center in Athen durchgeführt wurde und dem Leser einen Einblick in den Alltag urban lebender Flüchtlingsfrauen und –Mädchen gibt. Die Namen der Projekteilnehmerinnen werden aus Sicherheitsgründen nicht genannt. CARE unterstützt geflüchtete Familien in Griechenland mit Bargeld, Unterkünften und weiteren Hilfsmaßnahmen, finanziert durch die Europäische Kommission.
Lernen Sie die Geschichten weiterer Teilnehmerinnen unserer „Mit ihren Augen“-Serie kennen: Rabia (Teil 1 und Teil 2), Sarah, Leila.
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