„Wir waren allein, als wir Pakistan verlassen haben. Hier in Afghanistan haben wir keine Familie, die uns hätte unterstützen können“, sagt Abdul, 60, Vater von sieben Kindern. Er sitzt auf einem braunen Teppich vor seinem Haus in Kabul, umgeben von seiner Frau Fatima, 35, und seinen vier Töchtern. „Wir haben in einem Camp für Binnenvertriebene in Pakistan gelebt“, sagt Abdul. Im Jahr 2015 war er einer von 1,5 Millionen Vertriebenen in Pakistan. „Ich hatte gehofft, dass ich in Afghanistan Arbeit finden würde. In Pakistan habe ich Schuhe repariert, aber hier konnte ich keine Arbeit finden“, fährt Abdul fort. In Pakistan ist ein großer Teil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Daher zieht es immer mehr Arbeitnehmer:innen in andere Länder, um dort Arbeit zu finden. In Afghanistan hingegen ist die Arbeitslosenquote so hoch wie nie zuvor. Im Jahr 2021 stieg sie auf 13,3 Prozent der Bevölkerung an.

Die Eltern sitzten mit ihren vier Kindern vor einer Schale mit Hühnereiern, die sie gesammelt haben.
Die Familie von Abdul hat Hühner von CARE bekommen. Der Verkauf der Eier ermöglicht ihnen jetzt ein gesichertes Einkommen.

„Ich habe Mülltonnen durchsucht, um Essen zu finden"

Im Geflüchtetencamp in Kabul muss Abdul seine Familie versorgen. „Ich habe Mülltonnen durchsucht, um Essen zu finden. Oft ging ich nachts los und sammelte den Müll von Baustellen auf. Tagsüber ging ich auf die Straße und bettelte um Essen. Alles, um meine Familie zu ernähren“, erinnert sich Abdul. Sie kochen nicht, sondern essen, was sie finden können. An manchen Tagen isst die Familie gar nichts. Sie gehören damit zu den 95 Prozent der Bevölkerung in Afghanistan, die von Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Gegenwärtig herrscht im Land keine Nahrungsmittelknappheit, die Märkte sind weiterhin mit Obst und Gemüse gefüllt, aber viele Menschen können es sich nicht leisten, Lebensmittel für ihre Familien zu kaufen. Die weltweit steigenden Energie- und Lebensmittelpreise in Verbindung mit den Auswirkungen der Dürre auf die Landwirtschaft treiben die Inflation in Afghanistan weiter an. Im Jahr nach dem Machtwechsel im August 2021 stieg der Preis für einen Brotkorb um fast 35 Prozent.

Wasser ist die einzige verfügbare „Medizin"

Gesundheitlich geht es dem Ehepaar nicht gut. Aufgrund seines Bluthochdrucks ist Abdul auf der linken Seite seines Körpers fast vollständig gelähmt. Seine Frau Fatima ist in den letzten zwei Jahren bereits dreimal operiert worden. „Die einzige Medizin, die ich mir leisten kann, ist das, was in dieser Flasche ist. Ich puste darauf, bete und wünsche mir, dass sie meiner Frau hilft“, sagt Abdul, während er eine blaue, mit Wasser gefüllte Plastikflasche in der Hand hält. Letztes Jahr hat die Familie ihre dreijährige Tochter verloren, die an einer Bohne erstickt ist. „Es gab viel Unglück in unserem Leben, aber jetzt können wir dank der Unterstützung von CARE unser Leben weiterführen“, sagt der Vater. CARE hilft der Familie mit 40 Hühnern, Futtermitteln und dem Bau eines Stalls für die Tiere. Außerdem ist die Familie darin geschult, wie sie sich um den Stall und die Tiere kümmern kann.

Ein Mädchen mit pinkem Kopftuch hält einen Korbmit Eiern und schaut in die Kamera.
Abduls Tochter hat Hühnereier gesammelt, die ihre Familie auf dem Markt verkaufen kann.

Eier als sichere Einkommensquelle

Fatima und ihre Töchter verkaufen die Eier der Hühner in der Nachbarschaft und erzielen so ein Einkommen. Damit können sie ihre täglichen Ausgaben decken. „Ich muss nicht mehr betteln gehen und bin sehr dankbar dafür. Wir können jetzt unseren Hof weiter ausbauen. Wir haben bereits 20 neue Hühner. Das ist unsere Haupteinnahmequelle. Ohne sie hätten wir nichts“, sagt Abdul, während seine Frau Fatima mit einer grünen Plastikschüssel den Hühnerstall betritt und beginnt, die Eier einzusammeln. Heute sammelt sie 52 Stück. In einem kleinen Zelt im Innenhof ihres Hauses stellt sie eine Metallpfanne auf einen kleinen blauen Gaskocher, um das Abendessen für ihre Familie zuzubereiten. Die Eier dienen nicht nur als Einnahmequelle, sondern auch der Ernährung ihrer Familie. „Jetzt können wir zweimal am Tag essen. Ich bin sehr froh, dass wir überlebt haben und nicht mehr hungern müssen“, schließt Abdul.

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