Farah steht vor ihrer Unterkunft.

Mitten in einem Camp für Vertriebene in Somaliland, wo die Sonne unerbittlich brennt und die Erde unter ihrer Trockenheit Risse bekommt, wäscht Farah, 30, ihr Geschirr mit schmutzigem WasserSie verwendet es immer wieder, um keinen einzigen Tropfen zu verschwenden. Seit acht Tagen schon. Sie ist Mutter von sechs Kindern. Jeden Tag wacht sie auf und kämpft, Wasser zu finden, Nahrung zu finden und ihre Kinder am Leben zu halten. Vor acht Jahren hatte Farah noch ein anderes Leben, ein einfacheres und bequemeres. Sie war Landwirtin und stolze Besitzerin von 50 Kamelen und 200 Ziegen. Ihr Viehbestand war ihre Quelle des Reichtums. Dann kam die Dürre. Die Flüsse trockneten aus, das Gras verdorrte, und es gab keinen Regen. Und eines nach dem anderen verendete ihr Vieh. Sie sah zu, wie sie zusammenbrachen, ihre Rippen drückten gegen die Haut, ihre Augen flehten nach Wasser, das sie nicht geben konnte.

Als sie nichts mehr hatte, nahm sie ihre Kinder und floh in das Camp, in der Hoffnung, einen Platz zum Überleben zu finden. In dem Camp leben rund 1.700 Familien, insgesamt etwa 8.400 Menschen. Aufgrund des nur 30 km entfernten Konflikts kamen in den ersten sechs Wochen diesen Jahres 200 neue Familien hier an. Jeden Tag kommen drei bis vier Familien dazu, was die ohnehin geringen Ressourcen weiter belastet.

Farah steht mit ihrem Sohn vor einer Unterkunft.
Farah kocht.

Keine Alternative

Zunächst war das Überleben für Farah und ihre Familie in dem Camp möglich. Es gab einen Wassertank mit kostenlosem Trinkwasser von CARE, Lebensmittel von einer anderen Hilfsorganisation, einen Ort, an dem ihre Kinder in einem Lernraum lernen konnten, und ein Gesundheitszentrum, die beide ebenfalls von CARE eingerichtet wurden. Frauen versammelten sich am Wassertank, plauderten, während sie darauf warteten, dass sie an der Reihe waren. Gelbe Kanister standen in ordentlichen Reihen und warteten darauf, gefüllt zu werden. Schubkarren wurden geschoben, um die schwere Last des Wassers zu transportieren. Aber diese Zeiten sind vorbei. Die Wasserhähne sind versiegt, der Tank ist nur noch ein Denkmal für eine Zeit, in der das Leben einfacher war. Sand und Staub bleiben zurück und füllen die Stille, in der einst das Lachen erklang, als die finanziellen Mittel für die Fortsetzung des Projekts ausgingen.

Gelbe Wasserkanister reihen sich aneinander.
Ein Bild aus vergangenen Tagen. Mittlerweile bleiben die Kanister leer.

Jetzt muss Farah Wasser kaufen – 20 Liter für 3 USD von einem Wassertransportwagen, der noch dazu unregelmäßig kommt. Ein unmöglicher Preis. „Ich kann mir das Wasser im Moment nicht leisten“, sagt sie. Sie leiht sich Wasser von Nachbarn, aber es dauert jeden Tag länger, bis sie jemanden findet, der genug hat, um es zu teilen. Heute hat sie drei Liter für ihre ganze Familie gefunden. Die erste Priorität ist es, ihnen etwas zu trinken zu geben. Wenn dann noch etwas übrig ist, kocht sie. Für sich selbst legt sie zwei Finger auf ein Glas, um zu messen, was sie trinken kann. Ihr Jüngster, der dreijährige Mus'ab, bekommt nur einen Finger. Für die Kinder im Schulalter sind es drei. Farah erlaubt sich nicht, an den Tag zu denken, an dem kein Nachbar mehr einen Tropfen entbehren kann. „Es gibt keine Alternative. Wenn wir kein Wasser finden, dann werden wir sterben.

Manchmal treibt die Verzweiflung sie zu den Brunnen, wo das Wasser salzig und hart ist. „Das Wasser dort macht uns aber sofort krank. Wir haben Durchfall oder manchmal sogar Cholera“, erklärt Farah und fährt fort: „Es ist eine ständige Sorge. Ich habe keine Ahnung, was ich noch tun kann, um Wasser zu finden und zu überleben. Morgen könnte der letzte Tag sein, an dem ich welches finde und überleben kann. Was dann?“ Aber sie bricht nicht zusammen. Sie hört nicht auf. Sie macht weiter, weil sie keine andere Wahl hat.

Farah muss ihr dreckiges Spülwasser nutzen.

Hoffen auf bessere Chancen

Ihre Stärke sind ihre Kinder. Der temporäre Lernraum, den CARE im Camp eingerichtet hat, ist ihre einzige Hoffnung. Die Erstklässler sitzen draußen auf einer Matte auf dem Boden, denn es gibt nicht genug Klassenzimmer für alle, und die Schule wächst. Aber das macht ihnen nichts aus. Sie wollen lernen. Die Schuhe umringen die auf der Matte sitzenden Kinder. In den Pausen rennen die Kinder mit ihren Büchern, die sie eng an ihre kleinen Körper drücken, nach Hause. So auch Farahs sechsjähriger Sohn Mohammed: „Ich lerne lesen und schreiben. Heute habe ich die ersten drei Buchstaben des somalischen Alphabets gelernt: Ba, Ta, Ja", erzählt er voller Stolz. Farah lächelt: „Eines Tages werden sie ein besseres Leben haben als ich, weil sie so fleißig lernen. Sie haben viele Möglichkeiten. Ich wache morgens auf und besorge Wasser für sie, damit sie zur Schule gehen und lernen können. So überleben sie und können jeden Tag etwas Neues lernen.

Das Gesundheitszentrum in der Nähe des Camps ist ein weiterer Grund, warum sie weiter kämpft. „Vor drei Monaten war mein Jüngster unterernährt und brauchte Hilfe, um stärker zu werden. Wir bekamen einige Nahrungsergänzungsmittel für ihn, und es geht ihm jetzt besser. Er ist stark und spielt wieder“, sagt sie, während sie Mus’ab eng umschlingt.

Ein temporärer Lernraum von CARE.
Kinder sitzen auf einer Matte und lernen.

Farah wartet nicht auf ein Wunder. Sie sitzt nicht untätig herum. Sie kämpft. Jeden einzelnen Tag. „Ohne die Schule und das Gesundheitszentrum gäbe es nichts mehr für uns. Sie sind der Grund, warum wir immer noch die Kraft finden, aufzustehen und uns jeden Tag für eine bessere Zukunft einzusetzen.“ Sie wird ihre Kinder nicht sterben lassen. Sie wird nicht aufgeben. Sie steht im trockenen Staub, mit Hunger, in der Hitze, und sie kämpft. Weil sie eine Mutter ist. Weil sie stark ist. Weil sie überleben muss.

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