Unser Podcast Schule divers: Vielfalt leben, Bildung gestalten” wird ab sofort im Wechsel von den Journalist:innen Shelly Kupferberg (Deutschlandfunk, rbb) und Frank Joung (Podcast Halbe Katoffl) moderiert. Wir haben die beiden gefragt, was sie motiviert hat, Teil des Podcast „Schule divers” zu werden, welche Perspektiven sie einbringen möchten und wie ihre eigenen Erfahrungen – sowohl als Schüler:innen als auch als Eltern – ihre Sicht auf Diversität und Inklusion im Bildungssystem geprägt haben.

Was hat Euch motiviert, Teil des Podcast „Schule divers” zu werden, und welche Perspektiven möchtet Ihr einbringen?

Shelly: Ich bin einer großer Fan von „hands on” und daher immer neugierig und interessiert, wie Bildner:innen ganz praktisch mit Menschen arbeiten. Diversität und Vielstimmigkeiten sind das, was uns als Gesellschaft ausmacht, sie als Potentiale zu begreifen, wünsche ich mir sehr.

Frank: Schule ist generell eine sehr prägende Zeit. Ich denke noch heute sehr oft daran zurück: Was gut war, was nicht optimal verlief und was gewesen wäre, wenn. In meinen Gesprächen beim Halbe Katoffl Podcast merke ich immer wieder, dass es vielen anderen Menschen mit Migrationsgeschichte auch so geht. Gerade, was Vielfalt betrifft, hat sich zwar vieles in der Schule verbessert, aber es gibt immer noch sehr viel Gesprächsbedarf.  

Foto der Podcastmoderatorin Shelly Kupferberg an einem Schreibtisch mit Mikrofon und Laptop.

Shelly Kupferberg, 1974 in Tel-Aviv geboren, wuchs in West-Berlin auf. Sie moderiert seit 30 Jahren Kultur- und Gesellschaftsmagazine und tägliche Kultursendungen für Deutschlandfunk Kultur radio3 vom rbb. Darüber hinaus ist sie als Moderatorin auf Lesungen und Tagungen zu erleben, auf Festivals und Konzerten. Im August 2022 ist ihr literarisches Debut „Isidor“ im Diogenes Verlag erschienen. Shelly Kupferberg ist SPIEGEL-Bestsellerautorin.

Wie prägen Eure eigenen Erfahrungen in Schule und Bildung Eure Sicht auf Diversität und Inklusion?

Shelly: Sehr unterschiedlich. Ich war schon früh in einer Schule, in der auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen gelernt haben und Teil der Klassengemeinschaft waren. Das war eine wichtige Erfahrung. In einer Stadt, wie Berlin, war es dazu selbstverständlich, dass wir unterschiedliche Hintergründe mitgebracht haben. Sie spielten allerdings selten eine Rolle, weder positiv, noch negativ.
 
Frank: In meiner Schulzeit in den 80er und 90er Jahren haben diese beiden Begriffe keine Rolle gespielt. Man hat weder wirkliche Vielfalt und Inklusion angestrebt noch Rassismus oder Sexismus benannt. Auch während meiner Studienzeit kam das so gut wie nie vor. Diese Sprachlosigkeit, fehlende Sensibilisierung und mangelnde Empathie haben mich auf mehreren Ebenen stark geprägt. Ich habe das Gefühl, dass wir dahingehend immer noch Nachholbedarf haben – sowohl sprachlich als auch gesamtgesellschaftlich.
 

Potraitfoto von Podcastmoderator Frank Joung.

Frank Joung ist Journalist, Moderator und Podcaster. 2016 gründete er Halbe Katoffl, den ersten deutschsprachigen Podcast, der sich ganz mit der Lebenswelt von Menschen mit Migrationsgeschichte beschäftigte. Halbe Katoffl war bereits für mehrere Preise nominiert, u.a. für den Deutschen Podcast Preis und den Grimme Online Award. Neben dem Podcast moderiert Frank Events und Talks und gibt Podcast-Workshops an Schulen.

Welche Erfahrungen habt Ihr als Schüler:innen mit dem Bildungssystem in Bezug auf Diversität gemacht? Seht Ihr als Eltern von schulpflichtigen Kindern Veränderungen im Vergleich zu Eurer Schulzeit?

Shelly: Die Frage, wie mit Diversität im Schulalltag umgegangen wird, hängt nach wie vor aus meiner Erfahrung von den entsprechenden Lehrer:innen ab. Das Grundverständnis sollte immer das sein, was Schüler:innen alles mitbringen. Ihre Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erkennen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich einzubringen und sich zu entfalten. Wertschätzend zu arbeiten. Das gelingt nicht immer, wäre aber mein Verständnis von dem, was selbstverständlich sein sollte.

Frank: In meiner Schule gab es nur sehr wenige BiPoC in der Schüler*innenschaft. Und die Lehrkräfte, die ich hatte, waren eigentlich alle deutsch und weiß. Generell wurde alles abseits der Norm eher argwöhnisch beäugt und auch von Schulseite war Vielfalt nicht unbedingt Priorität. Was das angeht, hat sich viel getan. Meine Kinder sind 9 und 15 Jahre alt – und da sehe ich schon deutliche Verbesserungen in ihren Schulen. Mehr Diversität und eine viel offenere Haltung. Vor allem die Kids sind heute deutlich sensibilisierter für die Belange von marginalisierten Gruppen.

Vielen Dank für das Gespräch!

In unserem Podcast sprechen wir mit unseren Gäst:innen über wichtige Schul- und Bildungsthemen in einer diversen Gesellschaft. Wir fragen nach Aha-Erlebnissen, prägenden Erfahrungen, inspirierenden Ideen und Methoden, die geteilt und adaptiert werden sollten, damit unsere Hörer:innen direkt einen Nutzen daraus ziehen können.

Cover der Oktoberausgabe aus 2024 des CARE-Podcasts.

In der nächsten Folge, die Ende Oktober veröffentlicht wird, spricht Shelly Kupferberg mit Anıl Altıntaş zum Thema Narrative über nicht-weiße Männlichkeiten und ihr Einfluss auf Bildungsbiografien. In dem Podcast wird es Antworten auf u.a. folgende Fragen geben: Wie beeinflussen die Geschichten, die wir über Männlichkeiten erzählen, das Leben nicht-weißer Männer in unserer Gesellschaft? Welche Rolle spielen Stereotype und Erwartungen, wenn es um ihre Bildung geht? Schwarze Männer kämpfen oft mit dem Bild der Hypermaskulinität, türkisch oder arabisch gelesenen Männern in Deutschland wird häufig eine mangelnde Bildungsbereitschaft und Gewaltaffinität unterstellt, während asiatisch gelesene Männer unter dem Druck stehen, dem „Modellmigranten“-Ideal zu entsprechen. Diese Narrative, die untereinander verknüpft sind, formen ihre Bildungswege und bestimmen, wie sie im Kindergarten, in Schulen und Universitäten wahrgenommen werden.

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