Marceline sitzt neben einem Baum und hält Erdnüsse in der Hand.

Im Schatten eines großen Shea-Baums streckt Marceline, 54, ihre Beine auf dem Boden aus, ihre Hände sind mit frischer Erde bedeckt. Um sie herum stehen große Säcke mit Erdnüssen, die aus allen Nähten platzen. Das reiche Aroma frisch geernteter Nüsse vermischt sich mit dem Duft warmer Erde. Die Luft ist erfüllt von Lachen und lebhaften Diskussionen, während die Mitglieder:innen ihrer Landwirtschaftsgruppe ihre letzten Gewinne zusammenzählen. Seit Marceline denken kann, ist sie Landwirtin. „Als ich noch jung war, habe ich mit meinem Vater gearbeitet. Als ich Alain heiratete, pflanzten wir unsere eigenen kleinen Felder an – vor allem Erdnüsse.“ Sie lächelt und streicht sich die Erde von der Handfläche. „Drei bis vier Monate nach dem Einpflanzen kann man mit der Erdnussernte beginnen. Sie sind dann noch jung und schmecken ein wenig bitter. Einhundertfünfzehn Tage – das ist der optimale Zeitrahmen.“

Ein eigenes Ackerfeld

Die Gruppe, der Marceline angehört – 27 Mitglieder:innen – wurde im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten PROSECA-Projekts gegründet (Projet de sécurisation alimentaire des populations vulnérables de la région du Logone Occidental / Ernährungssicherheit für vulnerable Gruppen im westlichen Logone-Gebiet). Früher mussten sie Ackerland mieten, was ihre Gewinne schmälerte. Doch nachdem sie Erdnusssamen, Baumsetzlinge, Werkzeuge wie Schaufeln und Schubkarren sowie Schulungen in Bewässerungs- und Erntemethoden erhalten hatten, sparten sie fleißig. Innerhalb von zwei Jahren waren sie in der Lage, ihr eigenes Feld zu kaufen. 

Marceline strahlt vor Stolz, als sie auf das blühende Grün um sie herum schaut. „Besitz hat Vorteile. Wir geben weniger Geld für unsere gemeinsame Arbeit aus. Jetzt haben wir das Recht, auch andere Bäume zu pflanzen – einige als Schattenspender, andere wegen ihrer Früchte oder wegen ihrer dicken Wurzeln, die das Grundwasser halten und den Boden reicher machen.“ Vor PROSECA war es unsicher, als Landwirtin zu arbeiten. „Wir hatten nicht das Wissen, um Erdnüsse effizient anzubauen. Wir ließen die Samen einfach in den Boden fallen, wo immer sie fielen, und hofften, dass sie wachsen würden. Und das taten sie oft nicht.“ Sie hält ein Seil mit gleichmäßig verteilten Knoten hoch. „Damit messen wir die Abstände. Jeder Knoten markiert die Stelle, an der wir einen Samen pflanzen, damit er genug Platz zum Wachsen hat.“

Die Setzlinge, die sie pflanzen, spenden nicht nur Schatten und zusätzliche Nahrung, sondern sind auch eine neue Einnahmequelle, da sie sie auch verkaufen. „Wir bauen Erdnüsse und Setzlinge an und verkaufen sie. Wir haben genug Geld verdient, um Maschinen zum Mahlen der Nüsse zu kaufen und unser Geschäft weiter auszubauen.“ Die Gruppe fungiert gleichzeitig als Spargruppe. „Die Mitglieder können Kredite aufnehmen, um ihr eigenes Unternehmen zu gründen und unabhängiger zu werden“, erklärt Marceline. „Wir helfen uns gegenseitig und sind eine Familie geworden. Es ist besser, gemeinsam zu arbeiten als allein.“ Ihr Ehemann Alain, 57, steht in der Nähe und hilft mit dem Geschirr, mit dem die Ernte transportiert wird, während Marceline sich ausruht. Er nickt zustimmend. „Ich bin froh, dass meine Frau nun mithilft.“

Jetzt bin ich auch wie ein Mann

Die Frauen in der Gruppe lachen und nicken, während sie Alain beim Abspülen einer Schüssel zusehen. „Die Männer helfen jetzt mehr zu Hause“, sagt eine von ihnen. Marceline kichert und lehnt sich gegen den Baumstamm. „Das verändert die Rolle der Frau in der Gemeinschaft. Früher kümmerten sich die Ehemänner um alles, was außerhalb des Hauses geschah. Ich habe darauf gewartet, dass Alain die Dinge bezahlt und die Kinder ins Krankenhaus bringt. Jetzt bin ich eine starke Frau. Eine robuste Arbeiterin. Jetzt bin ich auch wie ein Mann!“ Alain lacht und schrubbt die Schüssel noch eifriger. „Es ist zu viel Arbeit für sie allein. Ich kann nicht allein auf dem Feld arbeiten, warum sollte sie also allein zu Hause arbeiten? “ Jetzt wäscht er die Wäsche, kocht für die Kinder und kümmert sich, wenn sie krank sind.

Marceline und die anderen Frauen der Spargruppe präsentieren Landwirtschaftsmaschinen.
Marceline mit Mann und Vieh.

Während Marceline ihren Gewinn ausrechnet, beugt sich die Gruppe vor. „Wir haben 10.000 Samen, die 10 Säcke ergeben. Wir verkaufen jeden Sack für 15.000 CFA (22,87 €).“ Das Geld für jeden zehnten Sack geht in die gemeinsame Kasse der Gruppe. Es bleiben also 135.000 CFA (205 Euro). „Dazu kommen die Kosten für Wasser, Transport, Grasmähen, geliehene Kühe, Feldarbeiter und das Essen für die Helfer:innen“, fährt sie fort und hält inne, als die Zahlen in ihrem Kopf zusammenkommen. Eine Frau ruft hinter dem Baum hervor und grinst: „Du brauchst mehr als 2.000 für Wasser! Woher bekommst du dein billiges Wasser, Marceline?“ Eine andere Stimme meldet sich zu Wort: „Du brauchst neue Feldarbeiter:innen, wenn sie von dir so viel verlangen!“ Nach viel Geplänkel und Gelächter einigen sie sich auf 85.000 CFA (129 Euro) für die Ausgaben und 50.000 CFA (76 Euro) als Gewinn. Letzterer geht direkt an die Familien für Nahrung, Kleidung und Schulgeld. „Früher habe ich Brennholz verkauft, aber das reichte nie für Essen oder um die Kinder zur Schule zu schicken.“ Jetzt hat sie ein festes Einkommen und einen Plan. Die Gruppe will mehr Land und eigene Kühe zum Pflügen kaufen.

Marceline hält einen Pflug in ihrer Hand.

Marceline streckt ihre Beine aus und atmet tief durch. „Manchmal bin ich so dankbar, dass ich meinen Mann am liebsten überall auf dem Rücken tragen würde“, sagt sie und löst damit einen weiteren Lachanfall in der Gruppe aus. „Früher war ich von 3 Uhr morgens bis 21 Uhr abends auf den Beinen, nonstop. Mein Rücken tat mir ständig weh. Jetzt fühlt sich mein Körper neu an – wie ein Baby.“ Der Duft von Erdnüssen zieht durch die warme Luft, als sich die Gruppe zum Essen niederlässt, die Stimmen voller Freude und die Herzen voller Pläne für die Zukunft.

Marceline und Spargruppe halten Erdnüsse in der Hand.

PROSECA-Projekt

Im Rahmen des PROSECA-Projekts und mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union unterstützen CARE und Partnerorganisationen Hirt:innen und Landwirt:innen bei der Intensivierung und Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion. PROSECA unterstützt Gemeinden bei der Erschließung zusätzlicher Einkommensquellen, um den Lebensunterhalt nachhaltig zu sichern, künftige Nahrungsmittelengpässe zu verringern und die Ernährung zu verbessern. Im Tschad begleitet CARE über 50.000 Frauen auf ihrem Weg in die wirtschaftliche Unabhängigkeit.

Helfen Sie mit Ihrer Spende Frauen wie Marceline.

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