Von Mia Veigel, Bundesfreiwillige bei CARE
Mein Name ertönt im Lautsprecher und ich höre das Klatschen im Publikum. Ich stehe auf, meine Beine zittern vor Aufregung und mit klopfendem Herzen steige ich die Stufen zur Bühne hinauf. Ich setze mich ans Lesepult. Plötzlich ist es still und ich beginne mit den ersten Zeilen meines Textes.
Im März 2017 hatte ich die einmalige Chance auf der lit.COLOGNE bei der Preisverleihung des CARE Schreibwettbewerbs meinen eigenen Text vor einem großen Publikum vorzulesen. Dieser Moment war ein ganz besonderes Erlebnis für mich, denn nie zuvor habe ich je einen meiner Texte öffentlich vorgetragen.
Die Moderatorin Sabine Heinrich sprach zu Beginn der Abendveranstaltung in Köln vom „leeren Blatt Papier“, das jede Schreiberin, jeden Schreiber quält. Auch ich saß vor nun fast genau einem Jahr vor einem leeren Blatt Papier und wollte eine Geschichte erzählen.
Einladung zum Schreibwettbewerb von CARE
Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich gerade in Peru, in dem kleinen Zimmer, das ich bei meiner peruanischen Gastfamilie bewohnte. Von unten erklangen die Töne der spanischen Balladen zu mir herauf, die mein peruanischer Gastvater jeden Tag hörte und draußen auf der Straße versuchte eine Obsthändlerin mit einem Megafon auf ihre frischen Mangos aufmerksam zu machen. Ich kam nach einem langen Tag im Kinderheim, in dem ich ein Kunstprojekt leitete, nach Hause und fand überraschenderweise eine E-Mail von CARE in meinem Postfach mit der Frage, ob ich nicht bei dem diesjährigen Schreibwettbewerb teilnehmen wolle.
Das Thema war „Schäm Dich!“ und ich wusste sofort, dass ich darüber etwas schreiben wollte. In den letzten Wochen hatte ich viel erlebt und mir viele Gedanken durch die Arbeit mit den Kindern im Heim gemacht. Ich musste oft an meine eigene Kindheit denken und manchmal schämte ich mich auch, wenn mir die Unterschiede zwischen ihnen und mir bewusst wurden.
Die Geschichte, die ich letztendlich erzählte, handelte von einem Erlebnis in Peru, das mich sehr geprägt hat. Einige Monate lagen nun schon hinter mir, in denen ich intensive Gespräche mit Peruaner:innen geführt hatte über ihr Land, ihre Geschichte und ihre ganz besondere Kultur. Ich war inspiriert von der spirituellen Art der Peruaner:innen, über die Natur ihres Landes zu denken und als ich auf meiner Fahrt durch ein Andendorf die Ablehnung der lokalen Bevölkerung gegenüber uns im Tourist:innenzug wahrnahm, wurde mir einmal mehr bewusst, wie sich die Bewohner:innen fühlen mussten, an denen wir vorbei fuhren. Aus diesem Grund verarbeitete ich meine Gedanken zum Thema „Schäm dich!“ in einer fiktiven Geschichte über einen Jungen, der in einem dieser Andendörfer mit seiner Großmutter lebt.
Der Tag der Preisverleihung: ein ganz besonderes Erlebnis
Noch heute erinnere ich mich gut daran, wie ich ein paar Monate später gerade frisch aus Südamerika zurück bei meinen Großeltern am Küchentisch erneut mein E-Mail-Postfach öffnete und plötzlich eine Antwort von CARE erhielt: Ich sei unter den ersten drei Gewinner:innen des Wettbewerbs! Ich konnte es kaum glauben, hatte ich doch beinahe schon vergessen, dass ich vor Monaten einen Text geschrieben hatte. Mit viel Aufregung im Gepäck reiste ich zusammen mit meiner Mutter nach Köln zur Preisverleihung im Rahmen des bekannten Literaturfestivals lit.COLOGNE.
Vor der Abendveranstaltung durften alle Preisträger:innen zusammen mit dem Poetry Slammer „Quichotte“ an einem Workshop teilnehmen, der uns darauf vorbereitete, unsere Texte mit der richtigen Stimmung vorzutragen. Beispielsweise hatte eine Teilnehmerin eine Zeile über einen verbrannten Kuchen geschrieben, weshalb „Quichotte“ sie aufforderte, sich den Geschmack des verbrannten Kuchens im Mund vorzustellen und dann den Text erneut vorzulesen.
Die Werke der anderen Teilnehmer:innen beeindruckten mich so sehr, dass ich mich gar nicht traute, bei den Übungen Zeilen aus meiner Geschichte vorzulesen. Das Thema „Schäm Dich!“ wurde von jeder*jedem Einzelnen ganz unterschiedlich zum Ausdruck gebracht. Mal in Briefform, als Gedicht oder sogar Theaterstück und selbst die Themen reichten über Transsexualität, Armut und Reichtum bis hin zu Umweltschutz (ganz viele der Geschichten könnt ihr hier nachlesen. Es lohnt sich!)
Der kreative Austausch mit den anderen Teilnehmer:innen des CARE-Schreibwettbewerbs und das Kennenlernen der CARE-Mitarbeiter:innen waren Grund dafür, dass dieser Tag ein ganz besonderes Erlebnis für mich wurde, an das ich immer wieder gerne zurück denke und das mir Mut macht, weiter kreativ zu schreiben.
Und jetzt bist Du dran!
Der CARE-Schreibwettbewerb geht in die nächste Runde, diesmal zum Thema „Macht“. Sei kreativ und schicke Deinen Text bis zum7. Januar an schreibwettbewerb@care.de!