Definition: Was ist eine Kinderehe?
Kinderehe als eine Form der Zwangsheirat
Die UN-Kinderrechtskonvention definiert die Kinderehe als eine Ehe, bei der mindestens eine:r der Verheirateten das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht hat. In der Regel heiraten erwachsene Männer junge, minderjährige Mädchen oder sehr junge Frauen. Die meisten Länder weltweit haben ein Mindestalter für die Schließung einer Ehe in ihren jeweiligen Gesetzen festgeschrieben. Durch soziale, kulturelle und traditionelle Gegebenheiten werden diese dennoch oft ignoriert und Mädchen weit häufiger als Jungen trotzdem im Kindesalter verheiratet.
Neben schätzungsweise 650 Millionen frühverheirateten Mädchen sind weltweit auch 115 Millionen minderjährige Jungen verheiratet. Die Ursachen und die Folgen können für Mädchen und für Jungen sehr unterschiedlich sein, aber dennoch ist Frühverheiratung für beide eine gravierende Kinderrechtsverletzung.
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Mädchen und Frauen sind weltweit von Frühverheiratung betroffen.
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Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren bekommen ein Kind, nachdem sie frühverheiratet wurden.
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Mädchen werden schätzungsweise jährlich vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet.
In welchen Ländern gibt es Kinderehen?
Indien und Bangladesch an der Spitze
In 117 Ländern weltweit ist es rechtlich nicht erlaubt, dass Kinder heiraten. Dennoch werden diese Gesetze nicht immer befolgt. Fünf Länder stechen besonders heraus: In Indien beispielsweise liegt das legale Heiratsalter bei 21 Jahren für Männer und 18 Jahren für Frauen. Dennoch sind 47 Prozent der Mädchen schon verheiratet, wenn sie das 18. Lebensjahr erreichen. In Bangladesch, Nigeria, Brasilien und Äthiopien liegt der Prozentsatz der minderjährig verheirateten Mädchen bei über 40, teilweise über 50 Prozent – obwohl in den jeweiligen Ländern Gesetze existieren, die ein höheres Mindestalter für eine Heirat festsetzen.
Die Frühverheiratung von Mädchen ist in den letzten Jahren etwas zurückgegangen, was unter anderem auf die Entwicklungsfortschritte in Indien zurückzuführen ist.
115 Millionen minderjährige Jungen verheiratet
Die meisten Kinderehen werden in Ländern südlich der Sahara geschlossen. Dort ist ein Drittel der Bräute minderjährig. Neben Millionen frühverheirateten Mädchen sind weltweit auch 115 Millionen minderjährige Jungen verheiratet. Kinderehen bei Jungen sind in einer Reihe von Ländern in Subsahara-Afrika, Lateinamerika und der Karibik, Süd- und Ostasien sowie der Pazifik-Region verbreitet.
Am häufigsten werden minderjährige Jungen in der Zentralafrikanischen Republik, Nicaragua und Madagaskar verheiratet. Insgesamt beläuft sich die erschreckende Zahl auf über 15 Millionen Kinder, die weltweit jedes Jahr im minderjährigen Alter verheiratet werden.
285 Millionen in Südasien
115 Millionen in Subsahara-Afrika
75 Millionen in Ostasien & Pazifik
60 Millionen in Lateinamerika & Karibik
35 Millionen im Nahen Osten & Nordafrika
Ursachen von Kinderehen
Armut und finanzielle Situation
Kinderheirat ist ein globales Problem, das sich nicht auf eine bestimmte Kultur, Region oder Religion beschränkt. Die Gründe sind vielfältig und komplex. Wie bei der Zwangsheirat unter Erwachsenen spielt auch hier Geld die Hauptrolle. Vor allem, wenn eine Familie in Armut lebt, sehen die Eltern in ihrer verzweifelten Lage mit der Verheiratung ihrer Tochter eine Möglichkeit, für ihre Zukunft vorzusorgen. Denn von den jung verheirateten Kindern erhoffen sie sich so eine finanzielle Absicherung im Alter.
Gerade in Ländern, in denen aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gesichtspunkten ein messbar niedriger Lebensstandard herrscht, sind Mädchen durch mangelnde Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten oft finanziell abhängig von ihrem Ehemann. In Regionen, in denen für Bräute eine Mitgift bezahlt werden muss, entscheiden sich die Eltern oft für ein frühes Verheiraten ihrer Töchter, da die Mitgift für jüngere Frauen und Mädchen höher ist als für ältere.
Geschlechterdiskriminierung
Ein weiterer übergreifender Grund für Kinderheirat ist die Ungleichheit der Geschlechter. Frauen und Mädchen wird in vielen Ecken dieser Welt immer noch der Status zweiter Klasse in der Gesellschaft zugewiesen. Die Kinderehe ist somit häufig das Ergebnis sozialer und kultureller Normen, die insbesondere Frauen und Mädchen abwerten und diskriminieren, indem sie ihre Rolle beispielweise auf den häuslichen Bereich beschränken. So wird ihnen den Zugang zu Bildung und Berufstätigkeit verwehrt.
Eine weitere Rolle spielen oft tief verwurzelte kulturelle oder religiöse Bräuche, die die Eltern zur frühen Heirat ihrer Töchter veranlassen. In Ländern wie Indien, wo Ehen zwischen den Kasten stigmatisiert sind, befürchten die Eltern, dass die Verzögerung der Heirat ihrer Tochter die Chancen gefährden, später einen guten Partner für sie zu finden. Kinderheirat ist sowohl eine Ursache als auch eine Folge der schwersten Form der geschlechtsspezifischen Diskriminierung.
Folgen von Frühehen für Mädchen
Mädchen bleiben zu Hause
Die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten schränken die Möglichkeiten von Mädchen ein und verweigern ihnen oft den Zugang zu Bildung, der ihnen gemäß Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen zusteht. In vielen Fällen werden eher Söhne zur Schule geschickt, während Mädchen Hausarbeiten verrichten müssen. Auch Kosten für Schulgebühren, Uniformen und Schulmaterial, die für ärmere Eltern oft unerschwinglich sind, werden bevorzugt für die Söhne ausgegeben.
Familien mit begrenzten Mitteln können die Einkommensverluste, die durch den Schulbesuch ihrer Töchter entstehen würden, nicht tragen und lassen sie vor der Frühverheiratung arbeiten, um so zur Finanzierung des Haushalts beizutragen.
Minderjährige Mütter
Wird ein Mädchen früh verheiratet, heißt das oft nicht nur, dass ihre Bildungschancen und somit die Möglichkeit auf eine selbstbestimmte Zukunft rapide sinken, sondern auch, dass ihr Leben in Gefahr ist. Viele minderjährige Ehefrauen werden früh schwanger – oft viel zu früh für den eigenen Körper.
Die Sterblichkeitsrate sowohl der Mütter als auch ihrer Kinder ist in vielen Regionen der Welt aufgrund des oftmals jungen Alters der Gebärenden sehr hoch. Jedes Jahr sterben ca. 70.000 Mädchen während oder an den Folgen der Schwangerschaft. Somit ist eine Schwangerschaft in sehr jungem Alter eine der häufigsten Todesursachen für Mädchen und Frauen.
Wie viel Kinderehen gibt es in Deutschland?
Ist die Kinderehe in Deutschland erlaubt?
In Deutschland sind Kinderehen seit 2017 verboten. Diese Regelung wurde mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen eingeführt. Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung liegt in Deutschland bei 18 Jahren. Vorher waren auch Eheschließungen ab dem Alter von 16 Jahren erlaubt – allerdings mit Einverständnis der Erziehungsberechtigen.
Wie viele Kinderehen gibt es in Deutschland?
2016 belief sich die Zahl der Kinderehen in Deutschland auf etwa 1.500. Unter ihnen sind vor allem minderjährige Verheiratete aus Syrien, Afghanistan, Irak, Bulgarien, Polen, Rumänien und Griechenland. Diese Zahl ist nach dem neuen Gesetzesbeschluss 2017 um ca. 80 Prozent zurückgegangen. Seitdem darf eine Ehe nur noch geschlossen werden, wenn beide Beteiligten volljährig sind. Das gilt auch für Ehen in Deutschland, die nach ausländischem Recht geschlossen wurden. So können Ehen, die vor 2017 im Ausland geschlossen wurden, von einer Richterin/einem Richter rückwirkend aufgehoben werden, wenn die minderjährigen Partner bei der Hochzeit 16 oder 17 Jahre alt waren. Sollte eine Ehe bestehen, in der mindestens eine:r der Eheleute jünger als 16 Jahre alt ist, ist sie nach dem neuen Gesetz automatisch unwirksam.
Was kann gegen Kinderehen getan werden?
Bildung ist der Schlüssel
In den von der UN-Generalversammlung im Rahmen der Agenda 2030 beschlossenen 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) findet sich auch das Ziel der Beendigung der Kinderehen bis 2030. Früh verheirateten Kindern werden Chancen und Rechte wie Bildung, Schutz und das einfache Kindsein verweigert und genommen. Oft erleben sie in der Ehe physische, psychische und sexualisierte Gewalt. Meist sind mangelnde Bildungsmöglichkeiten und Armut ein Treibstoff für die Schließung von Kinderehen.
CARE leistet Aufklärungsarbeit
CARE setzt sich für das Ende von Kinderehen mit Aufklärungsarbeit vor Ort ein. In Zusammenarbeit mit Familien und Gemeinden verhilft CARE im Rahmen vielseitiger Projekte und Bildungsprogramme jungen Frauen und Mädchen auf den Weg in ein selbstbestimmtes Leben und tritt entschlossen für ihre Rechte ein. Zudem fordert CARE konsequente Gleichstellungsarbeit auch auf Staatenebene und die Erfüllung des SDG-Ziels der Abschaffung von Kinderehen bis 2030.
Ihre regelmäßige Spende für Frauen
Mit Ihrer regelmäßigen Spende für Frauen und Mädchen helfen Sie CARE, deren Rechte nachhaltig zu stärken, Gleichberechtigung weltweit zu fördern und ihnen mehr Entscheidungsteilhabe in ihren Gemeinden zu ermöglichen. Mit Ihrer Hilfe unterstützen Sie Projekte, die langfristig auf die Schaffung neuer Einkommensmöglichkeiten, die Verbesserung der reproduktiven Gesundheit sowie Schutz vor Gewalt hinwirken. Sie fördern mit Ihrer regelmäßigen Spende Bildungsmöglichkeiten statt Kinderehe und Zwangsheirat weltweit. So helfen wir gemeinsam Frauen und Mädchen in Not und gehen auf ihre Bedürfnisse mit angepassten Gesundheits- und Hygieneprojekten ein.
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