Was ist geschlechtsspezifische Gewalt?

Geschlechtsspezifische Gewalt (engl. Gender-Based Violence, GBV) ist Gewalt, die sich gegen eine Person aufgrund ihres biologischen oder sozialen Geschlechts richtet. Sie umfasst alle Formen von Gewalt, also körperliche, sexualisierte, psychische und wirtschaftliche Gewalt. GBV ist als Menschenrechtsverletzung anerkannt. 

Frauen und Mädchen sind überproportional häufig, aber nicht ausschließlich von sexualisierter und häuslicher Gewalt betroffen. Etwa 736 Millionen Frauen weltweit haben mindestens einmal in ihrem Leben GBV erlebt, das ist jede dritte Frau. CARE unterstützt Frauen und Mädchen weltweit in ihrem Kampf für umfassende und gleiche Menschenrechte. 

Mit Ihrer Spende für Frauen und Mädchen gestalten Sie für sie eine glückliche und gleichberechtigte Zukunft in unseren Projektländern mit!

Welche Formen von Gewalt gibt es?

Eine CARE-Helferin während der Corona-Pandemie in Haiti

Formen der Gewalt sind vielfältig

Es gibt verschiedene Erscheinungsformen von Gewalt, dazu zählen sexualisierte, physische, psychische, soziale und finanzielle Gewalt. Gewalt beginnt nicht erst mit Schlägen. Auch Bedrohungen, Beschimpfungen, Belästigungen und Kontrolle durch den Partner oder die Partnerin sind Formen von Gewalt.

Neben Frauen und Mädchen sind auch Transpersonen und nicht-binäre Menschen im besonderen Maße von Gewalt betroffen. Die Studien, die derzeit zu GBV zu Verfügung stehen, berücksichtigen diese Geschlechtsidentitäten oft nicht bzw. fragen nicht nach Transidentitäten. Es ist außerdem wichtig zu beachten, dass verschiedene Formen häufig in Kombinationen auftreten.

Der Kampf gegen GBV erfordert daher eine umfassende Herangehensweise, die die Situationen vorher, währenddessen und danach einschließen: Prävention, Intervention und Unterstützung.

MEHR ZU GEWALTFORMEN

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine alltägliche Realität, sowohl in Deutschland als auch weltweit. Die zunehmenden globalen Herausforderungen wie Konflikte, Klima- und Ernährungskrisen sowie Flucht und Migration erhöhen das Risiko für Frauen, Opfer von Gewalt zu werden. In solchen schwierigen Situationen fehlt es ihnen oft an angemessenem Schutz und Unterstützung. Etwa jede dritte Frau weltweit erlebt im Laufe ihres Lebens physische oder sexualisierte Gewalt, häufig innerhalb, aber auch außerhalb von Partnerschaften. Darin ist sexualisierte Belästigung nicht inbegriffen. 

Geschlechtsspezifische Gewalt stellt eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte dar und betrifft Frauen in verschiedenen Ländern und kulturellen Kontexten. Gewalt gegen Frauen und Mädchen umfasst, ist aber nicht begrenzt auf physische, sexualisierte und psychische Gewalt im Kontext der Familie, der Partnerschaft oder der Gesellschaft. Zudem dulden Staaten häufig Gewalt gegen Frauen und Mädchen und üben sie als institutionalisierte Gewalt selbst aus. 

30 %
der Frauen weltweit haben im Laufe ihres Lebens irgendeine Form von Gewalt erlebt.
jetzt helfen

Geschlechtsspezifische Gewalt während Krisen und Konflikten

Verteilung von humanitärer Hilfe

In humanitären Krisen

In humanitären Krisen nehmen die Prävalenz und das Risiko von Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie gegen trans*, inter* und nicht-binäre Personen erheblich zu. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Der mit Krisen einhergehende Druck verschärft Spannungen in Haushalten und Gemeinschaften. Die Gefahr von Gewalt innerhalb und außerhalb der Familie wird größer. Familiäre, gesellschaftliche und staatliche Systeme, die Frauen und Mädchen schützen, sind geschwächt oder zusammengebrochen.

Gleichzeitig ist der Zugang zu noch bestehender lebensrettender Versorgung und Unterstützung oftmals erschwert oder nicht mehr möglich. Kritische Infrastruktur im Bereich Sicherheit, Gesundheit und Justiz wird oft reduziert, da die knappen Ressourcen zur Notfallversorgung eingesetzt werden. 

Rückansicht einer Frau, die einen Wasserkanister auf ihrem Kopf trägt

Während Kriegssituationen

Gegenwärtig sind etwa 90 Prozent der Kriegsopfer Zivilist:innen, wobei Frauen und Kinder die Mehrheit ausmachen. In bewaffneten Konflikten sind geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt weit verbreitet und werden häufig als strategische Kriegswaffe eingesetzt. Sexualisierte Gewalt im Krieg manifestiert sich in verschiedenen grausamen Formen, darunter Vergewaltigungen, Zwangsehen, erzwungene Schwangerschaften, Zwangsabtreibungen und Sterilisationen. 

Familiäre, gesellschaftliche und staatliche Systeme, die Frauen und Mädchen schützen, sind in Kriegssituationen geschwächt oder zusammengebrochen. Wenn dann das erhebliche Machtungleichgewicht zwischen humanitären Helfenden, Friedenstruppen und Sicherheitskräften und der betroffenen Bevölkerung vernachlässigt und nicht kontrolliert wird, wird auch hier sexualisierte Gewalt häufiger. 

Welche Auswirkungen hat sexualisierte Kriegsgewalt auf Überlebende?

Für die Betroffenen bedeutet sexualisierte Gewalt eine schmerzvolle, demütigende und zerstörerische Erfahrung. Neben dem generellen Trauma des Krieges müssen sie nun auch mit dem Trauma der Übergriffe leben. Zudem werden sie stigmatisiert und – je nach kulturellem Kontext – von ihrer eigenen Familie und ihrer Gemeinschaft ausgegrenzt.

Männer, die von sexualisierter Kriegsgewalt betroffen sind, werden oft vernachlässigt. Viele schweigen zudem aus Scham über diese Taten.

Was ist mit der Symbolik sexualisierter Kriegsgewalt gemeint?

In bewaffneten Konflikten wird sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen oft als Mittel eingesetzt, um die Männer der gegnerischen Gruppe zu demütigen – eine grausame, symbolische Botschaft, die auf patriarchalen Denkmustern basiert. Weltweit werden Frauen oft immer noch als Eigentum ihrer Ehemänner, Väter und Familien betrachtet.

Wenn eine Frau oder ein Mädchen vergewaltigt wird, wird dieses Eigentum des Mannes als beschädigt angesehen. Dies sendet dem Feind die Botschaft, dass er nicht in der Lage war, die Frau zu schützen. In Kriegsvergewaltigungen spielen oft auch sexistische und rassistische Motive eine Rolle: Die Frau wird als Symbol einer anderen ethnischen Gruppe betrachtet und ihre Vergewaltigung soll die Überlegenheit der eigenen Gruppe demonstrieren.

Wer übt Gewalt gegen Frauen und Mädchen aus?

Alter, Bildungsstand, soziale Herkunft, finanzieller Status, Nationalität, Religion – es gibt nicht den oder die typische:n Täter:in. Weltweit sind die meisten Täter:innen männlich, besonders im Fall sexualisierter Gewalt. Oft stammen sie aus dem engeren Umfeld der Betroffenen. Übergriffe durch unbekannte Täter:innen in öffentlichen Räumen sind vergleichsweise seltener. Wichtig: Individuell tragen die Täter:innen und niemals die Betroffenen die Verantwortung für ihre Handlungen und müssen zur Rechenschaft gezogen werden. 

600 Mio.
Frauen leben innerhalb von 50 km eines bewaffneten Konfliktes.
Mehr erfahren

CARE-Hilfe gegen Gewalt an Frauen

Portrait einer ernst guckenden Frau in Burundi

Bekämpfung geschlechtsbasierter Gewalt

CARE ist davon überzeugt, dass jeder Mensch das Recht auf ein Leben ohne Gewalt hat. Wir setzen uns für die Gleichstellung der Geschlechter sowie die Sicherheit und Würde von Frauen und Mädchen ein. Geschlechtsspezifische Gewalt ist ein globales Problem von epidemischem Ausmaß, das entschlossenes Handeln und nachhaltige Ressourcen erfordert. So arbeitet CARE in mehr als 40 Ländern weltweit daran, den Überlebenden zu helfen und Gewalt gegen Frauen zu verringern:

  • durch medizinische und psychosoziale Hilfe, die den missbrauchten Frauen hilft, das Erlebte zu verarbeiten,
  • durch das Aufbrechen alter Denkstrukturen und Aufklärung zu Rollenbildern und Gleichberechtigung sowie
  • durch die Befähigung, sich durch CARE-Spargruppen ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften, sich damit eine Lebensgrundlage aufzubauen und so einen selbstbestimmten Platz in der Gesellschaft zu finden.

Folgen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen

 

Gesundheitliche Folgen

Gewalt gegen Frauen und Mädchen kann sowohl körperliche als auch psychische Gesundheitsprobleme verursachen, darunter Verletzungen, Schmerzen, Depressionen und reproduktive Komplikationen. Die WHO betrachtet Gewalt gegen Frauen als eins der größten Gesundheitsrisiken weltweit. Daher ist es entscheidend, dass im Gesundheitssystem tätige Fachleute Gewalt erkennen und darauf sensibel reagieren.

 

Auswirkungen auf Kinder

Gewalt gegen Mütter wirkt sich auch auf ihre Kinder aus, selbst wenn diese nicht direkt betroffen sind. Kinder von Frauen, die Gewalt erleben, können leiden, wenn die Mutter psychische Probleme entwickelt oder die Familie wegen der Gewalt umziehen muss. Das Erleben von Gewalt gegen die Mutter beeinflusst das Bild der Kinder von den Eltern und ihre Beziehung zu ihnen. Kinder fühlen sich oft hilflos und ausgeliefert. Menschen, die als Kinder Gewalt erlebt haben, haben ein erhöhtes Risiko, im Erwachsenenalter erneut Gewalt zu erleben oder auszuüben.

 

Sozioökonomische Folgen

Gewalt kann zu Problemen in familiären und sozialen Beziehungen führen, beispielsweise zu Einsamkeit, dem Bruch mit der Familie oder der Angst vor intimen Beziehungen. Des Weiteren beeinflusst sie Lebensentwürfe und die berufliche Situation, was sich durch Kündigungen oder Probleme am Arbeitsplatz manifestieren kann. Häufig resultiert Gewalt auch in Armut oder einem erhöhten Armutsrisiko sowie in Wohnungsverlust oder Wohnungslosigkeit.

 

Gesellschaftliche Kosten

Gewalt verursacht gesellschaftliche Kosten, zum Beispiel indem in Folge von Gewalt Leistungen im Gesundheitssystem (etwa die Behandlung von Verletzungen, Medikamente, Rehabilitationsmaßnahmen, Therapien) und andere Unterstützungsleistungen für Betroffene notwendig werden. Sie entstehen auch durch Einsätze von Polizei und Justiz, durch Arbeitslosigkeit oder Krankheitsausfälle am Arbeitsplatz. Daher ist es entscheidend, in Gewaltprävention zu investieren, frühzeitig Gewalt zu erkennen und den Betroffenen wirksame Unterstützung zukommen zu lassen.