Libanon: Hilfe für Menschen in der Krise

Vor drei Jahren, am 4. August 2020, ereignete sich in der libanesischen Hauptstadt Beirut eine gewaltige Explosion, die den Großteil des Hafens und zahllose Gebäude und Wohnungen in den umliegenden Stadtgebieten zerstörte. Insgesamt starben über 220 Menschen, 6.500 wurden verletzt. Mehr als 300.000 Menschen wurden schlagartig obdachlos. CARE war von Anfang an mit Nothilfe-Teams vor Ort und betreut die Menschen bis heute.

Die Explosion ereignete sich während einer ohnehin schon gravierenden Finanz- und Wirtschaftskrise, unter der die libanesische Bevölkerung nach wie vor leidet. Der Großteil der Bevölkerung ist von einem erschwerten Zugang zu Grundnahrungsmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung betroffen. Mehr als 2 Millionen Menschen - 57 % der libanesischen Bevölkerung - sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hinzu kommen 1,5 Millionen syrische und über 200.000 palästinensische Geflüchtete sowie 85.000 Migrant:innen, die bereits unter schlimmsten Bedingungen leben. Der Krieg in der Ukraine trifft den Libanon durch ausbleibende Weizenlieferungen zusätzlich. Die zunehmende Ernährungsunsicherheit, der Zusammenbruch der öffentlichen Dienstleistungen und das Fehlen sozialer Sicherheitsnetze führen zu einer gravierenden Verschlechterung der Lebensbedingungen. Frauen, Kinder und ältere Menschen trifft es am stärksten.

CARE ist seit 2013 vor Ort und unterstützt betroffene Bevölkerungsgruppen unter anderem durch die Verteilung von Lebensmittel-Gutscheinen, Bargeld und Hygieneartikeln sowie die Bereitstellung von Wasser und sanitären Einrichtungen.

Bitte unterstützen Sie die Menschen in Beirut in dieser Notlage mit Ihrer Spende!

Die CARE-Hilfe im Libanon auf einen Blick

Ein offenes CARE-Paket mit Lebensmitteln wie Nudeln, Sesampaste und Reis.

Überlebenshilfe

Im ersten Schritt direkt nach der Katastrophe versorgte CARE 20.000 Personen mit Wasser, Nahrungs-CARE-Paketen und warmen Mahlzeiten. Parallel unterstützte CARE die lokalen Krankenstationen bei der Behandlung von Verletzten und half 2.500 Menschen in größter Not mit überbrückender Bargeldhilfe. Psychosoziale Hilfe, Traumaarbeit und Schutzprogramme für Mädchen und Frauen kommen im ersten Schritt 3.000 Menschen zugute. Außerdem helfen CARE-Teams bei den Aufräumarbeiten und befreien die Straßen von Bäumen und Schutt.

Zwei Männer laden Hilfsgüter aus.

Übergangshilfe

Weiter wird CARE 20.000 Familien mit Bargeldhilfen beim Wiederaufbau unterstützen. 30.000 Menschen erhalten Hygiene-Pakete und Materialien, um sich vor Krankheiten wie z.B. COVID-19 zu schützen. Die Trauma- und Schutzprogramme wird CARE 24.000 Menschen zugänglich machen und 250 Lebensmittel- und Bäckerläden im Katastrophengebiet bei der Wiedereröffnung und Versorgung der Bevölkerung unterstützen.

Zwei Feuerwehrmänner stehen vor einem stark beschädigten Haus in Beirut

Wiederaufbauphase

Langfristig wird CARE in den kommenden drei Jahren fast 12.000 Familien bei der Instandsetzung ihres Wohnraums unterstützen und 500 Kleinunternehmen Starthilfe bei der Wiederaufnahme ihrer für die Bevölkerung wichtigen Dienstleistungen geben, um die lokale Wirtschaft und Versorgungsinfrastruktur zu stützen.

Trauer und Hoffnung nach der Explosion

„Mama, ich gehe mit Freunden Kaffee trinken“ – das sind die letzten Worte ihres 38-jährigen Sohnes Chady, an die sich Hayat Abou Chakra erinnert. Minuten später erschütterte die verheerende Explosion die libanesische Hauptstadt. „Mein Sohn war taubstumm. Er hörte nicht, wenn man ihn rief und konnte deshalb nicht auf die Retter reagieren, um geortet zu werden. Er lag unter den Trümmern und wurde zwei Tage nach der Explosion leblos aufgefunden“, erzählt Hayat voller Trauer.

„Ich habe den Krieg hier in Beirut miterlebt, aber solche Szenen habe ich noch nie gesehen. Ich rief Chady immer wieder an. Es klingelte, aber er ging nicht ran", sagt sie, bevor sie innehält und einen Punkt auf dem Boden fixiert, als müsse sie Mut fassen, um weiterzumachen. Hayat zeigt auf Chadys Schlafzimmer: „Schau, seine Sachen sind noch da. Ich denke jeden einzelnen Moment des Tages an ihn. Wenn ich mit dem Kochen fertig bin, warte ich auf ihn. Wenn das Internet oder irgendein elektrisches Gerät ausfällt, sage ich mir, dass Chady es reparieren wird, wenn er zurückkommt.“

CARE hilft Frauen wie Hayat, bietet ihnen psychosoziale Unterstützung an und hilft ihnen beim Wiederaufbau ihrer Häuser oder Geschäfte.

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Ein Portrait von Hayat mit traurigem Gesicht
Ein beschädigtes Gebäude und Schutt auf der Straße

CARE fordert Schutz für weibliche Flüchtlinge und Migrantinnen im Libanon

Geflüchtete lebten im Libanon bereits vor der Explosion in Beirut unter schweren Bedingungen. CARE sorgt sich um tausende Geflüchtete und Migranten, insbesondere um die Frauen und Mädchen unter ihnen.

„Rund 20 Prozent der Bevölkerung im Libanon sind Geflüchtete, aktuell leben über 200.000 von ihnen in Beirut, die meisten kommen aus Syrien“, erklärt Bujar Hoxha, CARE-Länderdirektor im Libanon. „Bereits vor der Explosion litten Geflüchtete am meisten unter der schweren ökonomischen Krise, in der sich das Land befindet. Viele lebten in temporären Unterkünften. Ohne ein geregeltes Einkommen waren sie nicht mehr in der Lage, sich die verteuerten Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs zu kaufen.“

Laut einer kürzlich von CARE veröffentlichten Studie ist die Armutsrate bei syrischen Haushalten im Libanon seit 2019 um 73 Prozent gestiegen. Viele Familien leiden unter Nahrungsmittelunsicherheit, den meisten von ihnen fehlt eine soziale Absicherung. Im Libanon leben auch über 250.000 Arbeitsmigrant:innen, eine große Zahl von ihnen arbeitet im Hafen von Beirut oder in umliegenden Fabrikgebäuden. Auch tausende Hausangestellte trifft die Katastrophe schwer. Die meisten von ihnen sind Frauen, die aus dem Ausland kommen und vollständig von der Willkür ihrer Arbeitgeber:innen abhängig sind. Bereits vor der Explosion wurden viele ohne Absicherung auf die Straße gesetzt, weil ihre Arbeitgeber:innen sie aufgrund der Inflation nicht mehr bezahlen konnten.

„Wir sorgen uns vor allem um weibliche Geflüchtete und Migrantinnen, die oft keine Rechtsberatung erhalten, weil ihr rechtlicher Status ungeklärt ist. Das macht sie anfälliger für Gewalt, die oft nicht gemeldet wird“, fügt Thomas Rottland, Referent für den Nahen Osten bei CARE Deutschland, hinzu.

Ein Transporter gefüllt mit CARE-Paketen in Beirut