„Stell dir vor, du hast keinen privaten Ort, an dem du dich erleichtern kannst. Du gehst einfach hin, wo du kannst“, sagt Fatuma, 60, die im Flüchtlingscamp Dadaab lebt.  Hier, 90 km von der somalischen Grenze entfernt, gibt es keine Privatsphäre. Die Latrine in der Nähe ist verschlossen, weil sie voll ist. Die heftigen Regenfälle der letzten Tage haben alle Latrinen überflutet und die Fäkalien auf die Straßen und zu den Häusern der Bewohner:innen des Camps gespült. Es bleibt Fatuma nichts anderes übrig, als sich einen unauffälligen Platz zu suchen und zu hoffen, dass sie dort ungestört und sicher ist.

Fatuma sitzt vor ihrer Behausung und blickt in die Kamera.

„Wir trinken aus demselben Wasser, in das menschliche und tierische Fäkalien gespült wurden."

„Es gibt keine brauchbaren Latrinen für uns, also müssen wir einfach gehen, wo wir können. Wir trinken aus demselben Wasser, in das menschliche und tierische Fäkalien gespült wurden. Einige meiner Nachbarn sind krank geworden und mussten ins Krankenhaus“, erzählt Fatuma. Im Juni dieses Jahres gab es bereits mehr als 2.000 bestätigte Fälle von Cholera. In schweren Fällen kann Cholera innerhalb von Stunden zu einer starken Dehydrierung führen, die tödlich sein kann. Im Februar kam Fatuma und ihre zwölfköpfige Familie aus ihrer Heimat Somalia in Dadaab an. Fatuma ist noch nicht registriert und lebt mit etwa 135.000 anderen Neuankömmlingen am Außenrand des Camps. „Wir kamen aus Mogadischu, wo mein Mann bei einer Explosion ums Leben kam. Dort war es nicht sicher und es gab keine Bildungsmöglichkeiten. Es war sehr schwer. Wir haben acht Tage gebraucht, um hierher zu kommen. Wir haben das Geld für einen Lastwagen bis zur Grenze gespart, den Rest des Weges sind wir zu Fuß gegangen.“

Nicht genug Platz für alle

Acht Familienmitglieder passen in die kleine provisorische Hütte aus Stöcken und Stoffen aus alten Kleidern, die sie und ihre Kinder selbst gebaut haben. „Wir haben keine Vorräte, alles hier haben wir entweder gefunden oder aus der Nachbarschaft bekommen. Die Behausung ist nicht groß genug für meine ganze Familie. Fünf der Jungen schlafen draußen“, sagt Fatuma. Die Stoffe und Planen, aus denen ihre Hütte besteht, sind nicht wasserdicht. Die starken Regenfälle überschwemmten sie komplett. Jede Nacht sitzt Fatuma mit ihren drei Enkelkindern zusammen und betet, dass ihnen das Dach nicht auf den Kopf fällt. „Es war sehr schmerzhaft, unser Zuhause zu verlassen. Noch immer, wenn ich darüber spreche, werde ich traurig. Aber wohin sollten wir sonst gehen? Zu Hause in Somalia gibt es nichts mehr, nur noch Angst und Trauma.“

Eine ältere Frau und ihr Enkel sitzen in einer behelfsmäßigen Behausung.
Die Behausung ist zu klein, um alle Familienmitglieder darin unterzubringen. Deshalb schlafen fünf von ihnen unter freiem Himmel.

Das Leben in den Außenbezirken des offiziellen Camps ist für Fatuma eine Herausforderung. Der Zugang zu Wasser, Lebensmitteln und grundlegenden Dingen wie Seife ist begrenzt. Es gibt nicht genügend Ressourcen für die vielen bedürftigen Menschen. CARE hat die Verteilung an die Neuankömmlinge übernommen. „Ohne CARE hätten wir nichts. Jetzt haben wir wenigstens Zugang zu etwas Trinkwasser, Seife und Kanistern“, sagt Fatuma. CARE und andere Hilfsorganisationen sind mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, darunter schwindende finanzielle Mittel.  Auch die vielen Neuankömmlinge stellen eine Herausforderung dar, da das Trinkwasser in den von CARE gebauten Tanks nicht für alle reicht. Außerdem verzögern sich die Wasserlieferungen aufgrund der aktuellen Überschwemmungen.

Fatuma steht vor ihrer Behasung mit Wasserkanistern und Seife von CARE.
„Ohne CARE hätten wir nichts. Jetzt haben wir wenigstens Zugang zu etwas Trinkwasser, Seife und Kanistern“
CARE sichert die Wasserversorgung im Dadaab Camp.

Rechteckige Kanister sorgen für sauberes Trinkwasser

„Wenn kein Wasser in den Tanks ist, laufen wir manchmal 1,5 Stunden, um Wasser zu finden. Dann rollen wir es zurück zu unserer Hütte.“ Das Wasser so zu transportieren bedeutet, dass die runden Kanister auf den Boden gestellt werden und entweder von Hand oder zu Fuß durch Schlamm, Schmutz und Fäkalien gerollt werden. Das saubere Trinkwasser wird auf diese Weise verunreinigt, was schwere Krankheiten verursachen kann. Deshalb verteilt CARE rechteckige Kanister, die sich leicht tragen lassen, damit das Wasser sauber und sicher bleibt. Um die Neuankömmlinge mit sauberem Trinkwasser versorgen zu können, sind mehr internationale Mittel erforderlich. Nur 2,2% des kenianischen Flüchtlingshilfeplans wurden bisher finanziert. CARE appelliert an die internationale Gemeinschaft, die Mittel aufzubringen, um alle Geflüchtete in Kenia zu unterstützen.

Fatuma hat keine Pläne für die Zukunft. Sie lebt nur von Tag zu Tag und konzentriert sich auf das Überleben ihrer Familie. „Der einzige Plan ist, hier zu bleiben. Ich werde erst nach Somalia zurückkehren, wenn dort Frieden herrscht. Wir werden also auf unbestimmte Zeit hierbleiben.“

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