
„Ich habe jeden Tag die Chance, Müttern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“, erzählt Samah stolz. Die Syrerin lebt in Nordwestsyrien und arbeitet als Krankenschwester auf der Neugeborenenstation des Al-Amal-Krankenhauses in Azaz. „Das Leben hier ist nicht einfach - und meine Arbeit ist es auch nicht. Es fehlt einfach an allem. Wir haben viel zu wenig Medikamente und medizinische Ausrüstung. Gleichzeitig kommen viele Frauen hierher, die nicht genug zu Essen haben, krank oder schwach sind. Trotzdem versuche ich allen zu helfen, denn ich weiß, dass ihr Schicksal in diesen Augenblicken auch von mir abhängt.“ Nach fast vierzehn Jahren Bürgerkrieg hat der Sturz des Assad-Regimes vielen Syrer:innen neue Hoffnung auf Frieden und Freiheit gebracht. Die Menschen warten darauf, ein neues Kapitel aufzuschlagen und ihr Leben neu zu gestalten.
Die Lage ist jedoch nach wie vor prekär. Der Krieg hat das Land verwüstet und tiefe Narben in der syrischen Gesellschaft hinterlassen. Millionen von Menschen sind nach wie vor auf der Flucht, und die humanitäre Krise fordert weiterhin einen hohen Tribut, insbesondere von Frauen und Kindern. Viele wünschen sich zwar, wieder in ihre Heimatdörfer zurückkehren zu können, doch dies bleibt wohl vorerst ein unerfüllter Traum. Auch Samah, die selbst aus ihrer Heimat flüchten musste, sieht das ähnlich: „Noch spürt man die politischen Entwicklungen kaum. Das liegt auch daran, dass einfach viel zu viel zerstört wurde, um es in so kurzer Zeit wieder aufzubauen. Der Krieg hat quasi die ganze Infrastruktur vernichtet. Es gibt kaum Arbeit und noch kein Gefühl von dauerhafter Sicherheit.“



Harte Arbeit in einem schwierigen Umfeld
Der Beruf einer Krankenschwester ist generell anstrengend, in Syrien verdichten sich die Herausforderungen allerdings nochmals deutlich. „Die Mütter leiden sehr unter der schlechten Gesundheitsversorgung. Viele Frauen haben Komplikationen während der Geburt und Schwangerschaft, ihre gesundheitlichen Risiken sind groß“, führt Samah aus. Als sie davon erzählt, dass sie zusehen musste, wie ein Baby und die Mutter während der Geburt starben, ist ihr die Trauer ins Gesicht geschrieben. „Ich kann nicht in Worte fassen, was diese Momente mit uns machen. Manchmal kommen Frauen zu spät in die Klinik, manchmal kommt es aber auch vor, dass Babys oder Mütter sterben, weil wir nicht genug Ausstattung haben. Sie können sich nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man helfen möchte und es wegen äußerer Umstände nicht kann.“

Diese Mangelsituation ist ein strukturelles Problem in Syrien. Hinzu kommt die schwierige Situation von Frauen und Mädchen, die in Geflüchtetencamps leben. Die Bedingungen in diesen Lagern sind oft schwer. Unzureichende Hygiene begünstigt den Ausbruch von Krankheiten. Gleichzeitig leben viel zu viele Menschen auf engem Raum und viele haben nicht genug zu Essen. Diese Situation gepaart mit den Traumata von Krieg und Flucht bringt das ganze Gesundheitssystem an Grenzen. Menschen wie Samah leisten in dieser Not Unverzichtbares. „Einmal kam eine Frau zu uns. Sie war schwanger und hatte starke Schmerzen. Wegen Komplikationen musste sie früher entbinden. Es sah gar nicht gut aus, aber irgendwie gelang es uns, die Frau mit ihrem Neugeborenen zu retten. Ich habe mich direkt um das Baby gekümmert, während unsere Ärzte die Mutter versorgten und stabilisierten. Solche Momente erinnern mich daran, wie wichtig meine Arbeit ist.“


Hoffnung auf ein neues Leben – ein neues Syrien
„Ich träume von einem Syrien mit Häusern, Schulen, Gesundheitseinrichtungen und Straßen. Von einem Syrien, in dem die Menschen Arbeit und Perspektive haben“, erklärt Samah zum Abschluss. Der Weg dahin wird noch lang sein. Deshalb ist Unterstützung beim Wiederaufbau so wichtig. Das Al-Amal Krankenhaus ist eine der noch wenigen funktionierenden Gesundheitseinrichtungen im Nordwesten Syriens. Aktuelle Debatten und Kürzungen von Budgets in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit gefährden ihr Fortbestehen - ohne dauerhafte und stabile Finanzierung wird diese Unterstützung für die Menschen wegfallen.
Aktuell betreibt CARE das Krankenhaus mit der Partnerorganisation Violet und der finanziellen Unterstützung des Auswärtigen Amtes. Es konnten Krankenwagen angeschafft werden, die auch Menschen in entlegenen Gebieten zu der Einrichtung bringen können. So konnten wir im Jahr 2024 rund 47.000 Frauen und Kinder erreichen und 2.600 Babys erblickten im Al-Amal Krankenhaus das Licht der Welt. Bei vielen Geburten war Samah dabei: „Ja, man kann schon sagen, dass ich meinen Beruf liebe. Es ist nicht der einfachste, aber doch der schönste Job, den ich mir vorstellen kann“, lacht sie.
Unterstützen Sie die CARE-Hilfe für eine bessere Gesundheitsversorgung in Syrien mit Ihrer Spende!