Während Konflikt in Syrien voranschreitet, verschlechtert sich die humanitäre Lage insbesondere im Nordwesten des Landes weiter. Zuletzt in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit rückte die Region während der schweren Erdbeben im Februar 2023. Seitdem hat sich im Leben der Menschen nichts verbessert – im Gegenteil.

Vier Millionen Syrer:innen harren hier aus, viele von ihnen sind Vertriebene im eigenen Land. Eine anhaltende Nahrungsmittelknappheit und die hohe Inflation treiben Lebensmittelpreise in die Höhe, was dazu führt, dass vier von fünf Syrer:innen im Nordwesten nicht mehr ausreichend zu Essen haben. Die Hilfsorganisationen, die hier tätig sind, müssen aufgrund nicht ausreichender Finanzierung ihrer Hilfe mehr und mehr priorisieren, wem sie noch helfen können und wem nicht mehr. Eine unerträgliche Situation, auch für die Helfenden selbst.

Heute, am 15. März, nur fünf Tage nach Beginn des heiligen Monats Ramadan, jährt sich der Beginn des Syrienkonflikts zum dreizehnten Mal. Wir wollten von den Menschen wissen: Wie kommen sie mit den sich ständig verschlechternden Lebensbedingungen zurecht? Wie begehen sie dieses Jahr den Ramadan? Was vermissen sie am meisten? Um das herauszufinden, haben wir mit drei Frauen gesprochen.
 

Laila sitzt in einem Stuhl und erzaehlt gestikulierend.

Laila

Laila* ist 63 und Witwe. Sie floh nach Aleppo, nachdem die Gewalt auch ihre Heimat heimgesucht hatte. Über ihr altes Leben erzählt sie „Bis wir vertrieben wurden haben wir ein friedliches Leben gelebt. Wir hatten ein mehrstöckiges Haus, groß und schön. Unten war der Stall, oben unsere Wohnung. Das letzte, was ich über unser altes Zuhause gehört habe, war, dass bewaffnete Gruppen das Dach aufgerissen und Stahl und Eisen gestohlen haben, um es zu verkaufen. Trotzdem ist es mein größter Wunsch, vor meinem Tod noch einmal dorthin zurückzukehren, dort noch einmal meine Verwandten in die Arme schließen zu können.“

Laila nimmt an Aufklärungsveranstaltungen zur Gesundheitsförderung teil, die vom Team der Syria Relief and Development Organization durchgeführt werden, die von CARE unterstützt wird.

Laila zeigt ihr altes Zuhause auf einem Mobiltelefon.
Laila sitzt zwischen steinernen Bauten auf einem Stuhl.

„Eine meiner größten Herausforderungen ist aktuell, an Medikamente zu kommen, die ich benötige. Das ist nicht leicht, denn alles ist zur Mangelware geworden und dadurch sehr teuer“, erklärt Laila und schließt mit Gedanken zum laufenden Fastenmonat: „Ich erinnere mich noch genau an alle Ramadantraditionen, denen wir früher mit Freude nachgekommen sind: Herstellung spezieller Backwaren, Kuchen und Kekse sowie Säfte aus Datteln, Aprikosen und Hibiskus. Diese gemeinsamen Vorbereitungen vermisse ich am meisten.“
 

Farah

Farah* ist 45 und Mutter von sieben Kindern. Nach ihren Gefühlen, wenn sie an ihr vergangenes Leben und den Ramadan denkt, gefragt, antwortet sie: „Mich beherrschen dabei Angst, aber vor allen Dingen auch Trauer. Ich vermisse sehr, wie wir den heiligen Monat in unseren Städten und Dörfern erlebt haben, aus denen wir gewaltsam vertrieben wurden. Die Familientreffen, die Traditionen und die nächtlichen Zusammenkünfte in kleinen Cafés. All diese Erinnerungen sind nur noch das: Erinnerungen, und keine Realität mehr.“

Farah wurde von Homs nach Aleppo vertrieben. Sie beschreibt ihr Leben vor dem Konflikt als „einfach und ruhig“. Seit ihr Mann bei einem Autounfall tragischerweise gelähmt wurde, ist Farah die alleinige Ernährerin ihrer Familie. Gleichzeitig muss sie ihre Familie zusammenhalten, welche sich in diesen unsicheren Zeiten immer wieder mit Vertreibung und anderen schwerwiegenden Herausforderungen konfrontiert sieht. Farah erhält dabei Unterstützung in Form von Bargeldhilfe von CARE, verteilt vom lokalen Partner International Humanitarian Relief Association. Das Geld ermöglicht es ihr, die Grundbedürfnisse ihrer Familie, einschließlich Nahrung und Treibstoff, zu decken. Aufgrund der sich verschlechternden finanziellen Lage mussten ihre Kinder nämlich bereits die Schule abbrechen. Manchmal nimmt Farah sie jetzt auf ihrem dreirädrigen Motorrad mit, um Lebensmittel auf weiter entfernten Märkten einzukaufen.

Farah und ihr Sohn blicken in ein Heft und laecheln.
Farah und ihr Sohn befinden sich auf ihrem Motorrad.

Über die Hilfe sagt Farah: „Sie können sich nicht vorstellen, wie glücklich meine Kinder sind, wenn wir finanzielle Unterstützung erhalten. Dieses Geld war ein Wendepunkt in meinem Leben und ermöglichte es mir, meine Familie zu ernähren und einige angehäufte Schulden zu begleichen. Ich hoffe, dass dieses Projekt weitergeht und wir weiterhin Unterstützung erhalten.“ 

Abschließend erklärt sie uns: „Meine Familie zu ernähren war stets das wichtigste für mich. An vielen Tagen kann ich ihnen nur Brot bieten und selbst dafür muss ich schon Geld leihen. Unsere Situation trübt meine Freude über den Ramadan, meine Gedanken sind immerzu überschattet von Angst um meine Familie. Ich wünsche mir außerdem, dass mein Mann Behandlung findet und wieder laufen kann.“

 

Aisha

Aisha* lebt mit ihren neun Kindern in einem Camp für Geflüchtete. Über ihre Zeit vor der Flucht sagt sie: „Unser Leben war einigermaßen sicher. Ja, es gab bereits die Bomben, aber wir hatten noch unser Haus und waren umgeben von Verwandten. Das gab den Kindern und mir Sicherheit. Doch dann kam die Vertreibung und änderte alles.“

Auf die erste Flucht folgten drei weitere. Aisha schlägt sich heute als Feldarbeiterin in der Landwirtschaft durch und verdient so für ihre Familie etwa einen Euro am Tag. „Das Geld reicht nicht. Ich musste die meisten meiner Kinder aus der Schule nehmen, denn sie ist weit weg von unserem Camp. Der Weg und die Schule kosten Geld“, erklärt Aisha bedrückt. Sie erhält psychologische Unterstützung von unserer Partnerorganisation Syria Relief und Development Organization, konnte außerdem in einem ihrer Alphabetisierungskurse Lesen und Schreiben lernen.
 

Aisha und ihre Kinder blicken in die Kamera, die Kinder winken.
Aisha haengt Waesche unter Baeumen auf.

Über die Zukunft sagt Aisha: „Ich wünsche mir, nach Hause zurückkehren zu können und wieder mit meiner Familie an einem Tisch zu sitzen. In Sicherheit, so wie früher. Ich hörte davon, dass das Geld für die humanitäre Hilfe hier bei uns weniger wird, also möchte ich mir selbst eine Existenz aufbauen, damit sich unsere Situation nicht verschlechtert. Wenn hier weniger Geld ankommt, kann das zu Hunger und schließlich auch Diebstählen und Unsicherheit führen. Das beunruhigt mich.“


Unterstützen Sie mit Ihrer Spende die CARE-Hilfe für Frauen wie Laila, Farah und Aisha in Syrien. Allein im vergangenen Jahr hat CARE mit seinen Partnern 3,8 Millionen Menschen mit Hilfsmaßnahmen in Syrien erreicht. Dabei legen wir einen besonderen Fokus auf die Hilfe für Frauen und Mädchen. Ihre Spende kommt an!

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