Daria und eine andere Frau vor einem zerbombten Haus im kalten Winter während des Krieges in der Ukraine

„Bereite deinen Schlitten im Sommer vor“, besagt ein altes ukrainisches Sprichwort. Die richtige Vorbereitung auf den kalten und langen ukrainischen Winter ist für die Menschen schon immer existenziell gewesen. Der Krieg macht diese Vorbereitungen nochmal notwendiger, denn zivile Infrastruktur ist großflächig zerstört: Millionen Menschen in der Ukraine sind ohne Strom und Wärme. Davon betroffen sind auch Krankenhäuser und Schulen. 

Vielen Menschen fehlt außerdem ein Dach über dem Kopf: Die Häuser von über zwei Millionen Ukrainer:innen wurden zerstört und die fast 100.000 Menschen, die derzeit in einer Notunterkunft leben, sind durch die eisigen Temperaturen gefährdet.

Bereits im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass der Bedarf an humanitärer Hilfe im Winter erheblich ansteigt. Angesichts der nach wie vor angespannten Lage im Land, wird der Bedarf auch in diesem Winter enorm sein.

Svitlana aus Kherson: Ein täglicher Überlebenskampf in der Ukraine
Ein zerstörtes Haus in Izium.

Schwierige Bedingungen im Winter

Neben der ständigen Angst vor einem Luftalarm kommt die Kälte nun als zusätzliche Belasung für die Menschen hinzu, bedroht sie dadurch nicht nur körperlich, sondern auch mental.

„Schlafsäcke, Gasheizungen und Decken retten vielen das Leben, die derzeit in Wohnungen bei zwei Grad Celsius leben“, erzählt die 52-jährige Valentyna, die an einer CARE-Verteilstelle in Kherson Hilfe erhielt. Doch bereits das Erreichen solcher Verteilzentren kann eine Herausforderung sein. Viele Menschen können ihre Häuser nicht verlassen, weil sie in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, sich um Familienangehörige kümmern müssen oder keine finanziellen Mittel haben.

Andriy und seine Frau stehen vor Brennholz.

In einer ähnlichen Situation war auch Andriy, ein 46-jähriger Einwohner von Martove in Kharkiv. Fast alle Bewohner:innen des Dorfes Martove konnten den Ort nicht verlassen und waren in ihren Häusern eingesperrt, weil die Brücken um den Ort herum gesprengt wurden. An Heizmaterial zu kommen war zunächst unmöglich, da Landminen das Verlassen des eigenen Hauses zur zusätzlichen Gefahr machten. Doch selbst wenn Menschen wie Andriy in der Lage sind, die Häuser verlassen: viele können sich das Heizen schlicht nicht leisten. „Im Haus meines Vaters gibt es zwar einen funktionierenden Gasanschluss, doch seine Rente beträgt nur 2.300 UAH (Ca. 50 €; Anm. d. Red.). Die monatliche Gasrechnung beläuft sich, selbst wenn er spart, auf nicht weniger als 2.000 UAH“, führt Andriy aus. Um in dieser schwierigen Situation gezielt zu helfen, verteilte CARE Holzbriketts zum heizen unter den Menschen.

Portrait von Alla

CARE unterstützt vor Ort

Winterhilfe kann lebensrettend sein. Das bestätigt auch Svitlana, eine Bewohnerin der Kleinstadt Luch in der Region Mykolaiv. So konnte etwa ein Viertel der Dorfbewohner:innen aus Luch in ihre Heimat zurückkehren, weil dort Häuser repariert wurden. Die Reparatur der zerbrochenen Fenster oder Dächer konnten viele Bewohner:innen selbst nicht tragen, weil sie durch den Krieg arbeitslos wurden. Durch die Unterstützung von CARE sind diese Häuser nun wieder bewohnbar. Doch nicht nur private Wohnhäuser werden wieder aufgebaut, auch Notunterkünfte werden repariert. Alla Masdai leitet eine Notunterkunft in Saporischschja. Hier leben ca. 120 Geflüchtete. "Dank der Hilfsorganisationen konnten wir in unserer Unterkunft alte Holzfenster durch neue Kunststofffenster ersetzen. Dadurch ist das Gebäude besser isoliert und die Kälte kann nicht so leicht eindringen", erzählt Alla.

Den Schlitten vorbereiten

CARE hat bereits im Frühsommer mit den Vorbereitungen für den kommenden Winter angefangen. „Wir haben Bedarfsanalyen in den Gemeinden ohne zentrale Gasversorgung durchgeführt. Dann haben wir uns auf verschiedene Gruppe fokussiert, die potenziell besonders betroffen sind. Alle sehen dem Winter mit Besorgnis entgegen, weil wir davon ausgehen können, dass die Situation extrem schwierig werden wird. Strom- und Heizausfälle werden an der Tagesordnung sein. Die Menschen werden nach alternativen Heizmethoden suchen, weshalb festes Brennmaterial noch gefragter und damit noch teurer sein wird. Für viele Menschen ist dann Holz schlicht unbezahlbar und sie müssen frieren. Deshalb ist die gezielte und konkrete Hilfe so wichtig“, führt Olena von der Hilfsorganisation Avalyst aus, die mit CARE zusammenarbeitet.

Zerstörte Häuser in Luch im Süden der Ukraine.
Das ukrainische Dorf Luch wurde großflächig zerstört. CARE hat gemeinsam mit Partnern Häuser in dem Dorf repariert, sodass ein Viertel der Bewohner:innen zurückkehren konnten.

Wirkungsvolle Hilfe

Letzten Winter konnte CARE 20.000 Menschen erreichen. Gemeinsam mit unseren lokalen Partnerorganisationen haben wir 3.000 Häuser repariert und weitere 3.000 Menschen mit Brennmaterial zum Heizen versorgt. 1.500 Personen haben warme Kleidung, Thermounterwäsche und andere lebensnotwendige Materialien erhalten. Zudem hat CARE die Reparatur von 495 Sammelunterkünften unterstützt und 10.000 Generatoren für verschiedene Gemeinde- und Notzentren zur Verfügung gestellt.

Olga zeigt ihr neu eingebautes Fenster.
Olga konnte mit der Hilfe von CARE neue Fenster in ihrem Haus einsetzten und ist jetzt besser vor der Kälte geschützt.

Diese Erfahrungen aus dem letzten und die frühzeitigen Analysen aus diesem Jahr bilden eine solide Grundlage für die CARE-Winterhilfe in der Ukraine. Weitere finanzielle Mittel sind jedoch notwendig, erklärt die stellvertretende Länderdirektorin für die Ukraine, Franziska Jörns: „Die Erfahrungen von CARE bei der Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen im letzten Jahr haben gezeigt, dass wir auch in den Grenzregionen wie Donetsk, Saporischschja, Mykolaiv, Kharkiv und Kherson zuverlässige und schnelle Hilfe leisten können. Wir brauchen jedoch Mittel, um sicherzustellen, dass niemand allein gelassen wird und die Hilfe alle Menschen erreicht“, fasst sie zusammen.

Mit Ihrer Spende können Sie CARE-Winterhilfe in der Ukraine unterstützen.

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