Enormer Bedarf an psychologischer Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine auch in Deutschland

Bonn/Lviv, 21. Februar 2023. Knapp ein Jahr nach der Eskalation des Konfliktes in der Ukraine warnt die internationale Hilfsorganisation CARE, dass der Krieg auch enorme Folgen für die mentale Gesundheit der Menschen hat. Nach der ukrainischen Organisation Ucare waren bisher mindestens rund ein Drittel aller Ukrainer:innen in einer lebensbedrohlichen Situation oder mit dem Tod konfrontiert. Insgesamt 71 Prozent aller Ukrainer:innen fühlen sich hilflos. Dies hat zur Folge, dass nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministeriums in den nächsten Jahren rund 15 Millionen Ukrainer:innen psychologische Hilfe benötigen werden. 90 Prozent aller Befragten hätten mindestens ein Anzeichen für ein Posttraumatisches Stresssyndrom, heißt es weiter.
 
„Fehlende Rückzugsräume, die ständige Anspannung, Sorgen um sich selbst, Familie, Väter, Brüder oder Angehörige an der Front, verursachen große Angst. Hinzu kommen Sorgen um die Kinder und der hohe Zeitdruck für wichtige Erledigungen, wenn für kurze Zeit Strom vorhanden ist sowie die Unsicherheit, dass jeden Tag etwas Schreckliches passieren könnte. All dies übt enormen Stress aus“, sagt Inna Kanivets, eine Psychologin, die in einem von CARE finanzierten Rückzugsraum in Cherkasy in der Ukraine tätig ist.
  
Seit Eröffnung der Rückruckzugsraums in Cherkasy haben bereits 131 Besucherinnen die Dienste von Spezialisten in Anspruch genommen, fast 90 Prozent von ihnen sind intern vertriebene Frauen. Der Andrang ist so groß, dass Frauen auf einen Termin fast einen Monat warten müssen. Obwohl der Bedarf an psychologischer Unterstützung so enorm ist, gibt es bei Ukrainerinnen und Ukrainern weit verbreitete Vorurteile gegen die Inanspruchnahme dieser Hilfe. Mehr als 80 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer haben noch nie eine Psychologin oder einen Psychologen konsultiert. 
 
„Viele Menschen, mit denen wir sprechen, stehen vor großen Familienkrisen. Es sind Frauen, die aus anderen Ländern in die Ukraine zurückkehren oder gezwungen waren, von jetzt auf gleich allein mit der Familie zu leben. Sie kommen in die Beratung und sprechen nach fünf oder zehn Jahren Ehe von Scheidung, weil sie sagen, dass sie ihren Partner nicht mehr kennen“, fügt Kanivets hinzu. 
 
Auch in Deutschland besteht enormer Bedarf an psychologischer Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine. Nach Angaben einer CARE-Partnerorganisation in Deutschland gab es anfangs nur bis zu drei Anfragen für psychologische Unterstützung pro Woche, jetzt seien es bis zu fünfzehn. Die Menschen seien vor allem traumatisiert, weil sie nicht nur all ihr Hab und Gut zurücklassen mussten, sondern auch ihre Söhne und Ehepartner. Zudem hätten sie nicht damit gerechnet, dass der Konflikt so lange andauert und merken nun, dass Sie ihre Lebenspläne an den Krieg anpassen müssen.  
 
So hilft CARE:
Gemeinsam mit lokalen Partnern hat CARE seit der Eskalation des Konfliktes insgesamt fast eine Million Ukrainer:innen unterstützt und baut die Hilfe weiter aus. Neben psychologischer Hilfe unterstützt CARE über Partner die Menschen in der Ukraine mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Hygieneartikeln, Medikamenten und medizinischem Equipment. Auch in Deutschland leistet CARE Hilfe. Bisher hat CARE hier 7.700 mit Schulmaterialien gefüllte Rucksäcke für einen erfolgreichen Schulstart bereitgestellt, 2.500 weitere sind geplant. Außerdem hilft CARE über Partner in den Bereichen Erstaufnahme, Betreuung und Beratung von Geflüchteten mit Fokus auf Drittstaatenangehörige.
 
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