Winter in der Ukraine können kalt und lang sein. Der Krieg macht den Alltag in der kalten Jahreszeit noch mal härter, weil die lokale Infrastruktur immer wieder zum Ziel von Angriffen wird. Es gibt Stromausfälle, Heizungen funktionieren nicht und fließendes Wasser wird manchmal rar. Für Menschen wie Olena und Lydia ist diese Situation nur schwer ertragbar. Seit nun drei Jahren bleibt ihnen allerdings nicht viel übrig, als weiterzumachen. Hier erzählen sie ihre Geschichten.


Der Keller als Zufluchtsort
Olena, 31, und ihre drei Söhne Timur (6), Damir (3) und Tigran (2) flohen vor zwei Jahren nach Kharkiv im Nordosten der Ukraine. „Wir wollten zu Hause bleiben, aber während des ständigen Beschusses wurde unser Haus direkt getroffen. Wir haben Glück, dass wir noch am Leben sind. Es gab einen lauten Pfiff, und dann explodierten die Fenster. Ich schnappte mir meine Kinder und rannte in den Keller“, erinnert sich Olena.

Einschulung in der Metrostation
„Mein ältester Sohn, Timur, wird bald in die erste Klasse gehen. Er ist aufgeregt, weil der Kindergarten nur online stattfand“, sagt sie. Timur wird in eine unterirdische Schule in einer Metrostation gehen - aus Sicherheitsgründen. Kinder in der ersten Klasse werden in Person unterrichtet, weil es virtuell fast unmöglich ist, schreiben zu lernen. „Natürlich möchte ich, dass er auf eine normale Schule gehen kann, wo es Tageslicht gibt. Aber für den Augenblick bin ich einfach froh, dass er lernen kann.“

Kalte Winter
„In Kharkiv fällt die Zentralheizung oft aus, weil die Infrastruktur durch direkte Treffer beschädigt ist. Dann kann es in unserer Wohnung richtig kalt werden“, sagt Olena. Im kalten ukrainischen Winter kann es jederzeit passieren, dass die Heizung ausfällt. Olena und ihre Kinder bereiten sich auf das Schlimmste vor. „Ich muss die Fenster ein wenig offenlassen, damit die Druckwellen der Explosionen sie nur aufreißen, anstatt sie zu zerstören. Ich könnte es mir nicht leisten, sie zu reparieren.“

Eine Mutter im Überlebensmodus
Olena hat von CARE eine elektrische Heizung für die kalten Tage erhalten. „Ich werde sie in das Zimmer der Jungs stellen, damit sie warm bleiben“, sagt sie. Es ist für sie schwieriger geworden, Hilfe zu finden. „Am Anfang gab es hier viele Hilfsorganisationen. Es war einfacher, Windeln für meine Kleinen zu finden. Jetzt gibt es nicht mehr viele. Es mangelt an allem und die Menschen sind müde. Ich kämpfe jeden Tag, um uns über Wasser zu halten.“

Ressourcen sparen
Neben Heizgeräten verteilt CARE auch Decken, Gaskocher, Taschenlampen und Powerbanks. Da die kritische Infrastruktur mehr und mehr zerstört wurde, haben die Stromausfälle zugenommen. Es wurden Energiekontingente festgelegt, sodass einige Haushalte nur für wenige Stunden am Tag Strom haben, um so viele Ressourcen wie möglich zu sparen.

Klebeband zur Isolierung
In einer Notunterkunft in einem Dorf südlich von Kharkiv hat Lydia (71) die Tür zu ihrem Zimmer mit Pappe und Bauschaum bedeckt, um die Kälte draußen zu halten. Die Schlitze ihrer Fenster sind in Ermangelung einer besseren Isolierung mit Klebeband verklebt. „Ich bin mit meiner 98-jährigen Mutter aus Prokrovsk evakuiert worden. Wir blieben, bis es keinen Strom mehr gab, wir unsere Lebensmittelvorräte aus dem Kühlschrank entsorgen und das, was übrig blieb, auf offenem Feuer kochen mussten.“

Seife als Luxusgut
CARE verteilt Hygienesets an die Bewohner der Unterkunft. Diese enthalten zum Beispiel Handtücher, Shampoo, Eimer, Seife und Waschmittel. „Ich freue mich sehr über die Hilfe, denn alles ist so teuer geworden. Ich hoffe, die Gegenstände halten für eine lange Zeit“, sagt Lydia.

Wasser sparen
„Den Eimer kann ich besonders gut gebrauchen. Bis jetzt habe ich nämlich Wasser in vielen Plastikflaschen gesammelt. Denn wenn es keinen Strom gibt, gibt es auch kein Wasser, also sammele ich es zum Trinken und Waschen. Ich muss meine Mutter waschen, die an Demenz erkrankt ist. Ein Eimer macht das Leben so viel einfacher. Dass das Wasser ausfällt, kommt ziemlich regelmäßig vor - an schlechten Tagen bis zu zwei Mal", erklärt Lydia.

Angewiesen auf Großzügigkeit
„Der Beschuss war schrecklich. Es war laut und vibrierte überall. Wir hatten Angst und meine Mutter verstand nicht, was passierte. Sie sagte immer zu mir, dass jemand an die Tür klopfte, aber es war eine Rakete", erinnert sich Lydia. „Prokrovsk ist wirklich am Ende jetzt. Es gibt nichts mehr, die Supermärkte sind geschlossen. Es ist sicherer hier. Aber die Preise sind so hoch, dass ich mich auf die Großzügigkeit anderer Menschen verlassen muss.“

Die Angst, allein gelassen zu werden
Viele ältere Menschen in der Ukraine, die keinen Zufluchtsort haben und nur über eine geringe Rente verfügen, sind für ihr Überleben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Drei Jahre nach der Eskalation des Krieges teilt Lydia ihre Befürchtungen: „Wir haben Angst, dass es eines Tages keine Hilfe mehr geben wird. Dass wir eines Tages allein sein werden. Was sollen wir dann tun, um zu überleben?“
CARE und seine Partner werden weiter Hilfe leisten, damit die Menschen in der Ukraine den Winter überstehen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrer Spende!