„Am Anfang wurden viele Notunterkünfte in aller Eile eingerichtet. Es gab Matratzen oder die Menschen schliefen mit Schlafsäcken auf dem Boden“, erinnert sich Viktoria, 32, Leiterin einer Notunterkunft in Lviv. Bei der Eröffnung am 16. März 2022 kamen sofort 50 Menschen. „Wir hatten Glück, dass wir sehr früh Möbel fanden. In den ersten Tagen waren alle auf der Suche nach Betten und Schränken. Wir wollten es unseren Bewohner:innen bequemer machen und eine Art Zuhause schaffen“, fährt sie fort, während sie an einer Reihe behelfsmäßiger Betten entlanggeht. Die Unterkunft hat zwei große zentrale Räume mit jeweils etwa zwanzig Betten. Dann gibt es die Familienzimmer, die Einzelzimmer mit Etagenbetten und die Zimmer für Menschen und Familien, die länger bleiben wollen.

 

Victoria hält ihre Katze auf dem Arm.

Diese Unterkunft in Lviv hat eine besondere Regelung. „Wir nehmen jeden auf. Ich kann niemandem sagen, dass er seine Haustiere zurücklassen soll“, sagt Viktoria. Es gibt nicht viele Unterkünfte, die Haustiere aufnehmen – auch wenn viele der Menschen, die aus den umkämpften Gebieten geflohen sind, ihre Haustiere mitgebracht haben. So wie die Familie von Daria. „Wir sind froh, dass wir unsere Hunde Motia und Misha mitnehmen konnten. Wir haben auch einen sechs Monate alten Welpen gekauft, weil wir nicht dachten, dass der Krieg so lange dauern würde“, sagt Daria, 30, Mutter von drei Kindern. Sie lebt mit ihren Kindern, ihrem Mann, ihrer Mutter, ihrer Großmutter und den drei Hunden in einem der Familienzimmer. „Wir versuchen, uns anzupassen und hier ein normales Leben zu führen. Es ist nicht unser Traumleben, aber zumindest haben wir überlebt.“ Bevor sie in dieser Unterkunft Zuflucht fanden, mussten sie viel Geld für die Unterbringung in Hotels und Herbergen bezahlen.

Viele der Geflüchteten, die in die Nachbarländer weiterreisen, haben in einer Unterkunft in der Nähe der Grenze gelebt. In dieser Unterkunft in Lviv kamen bis August letzten Jahres 2.000 Menschen an, blieben ein paar Tage oder eine Woche und reisten dann wieder ab. Ein Drittel aller Bewohner:innen waren Kinder.

CARE-Mitarbeiter läuft durch einen Schlafraum der Notunterkunft.

„Im Moment können wir nicht alle ihre Bedürfnisse abdecken, aber wir nehmen die Menschen auf, wenn sie nirgendwo anders hingehen können“, sagt Viktoria. Wenn sie keine Verwandten in der Westukraine haben, müssen die Geflüchteten neben Hotels und Herbergen auch in Notunterkünften unterkommen. Um Millionen von Vertriebenen unterzubringen, muss man kreativ sein und genug Platz für alle finden. Überall dort, wo eine Matratze hinpasst, kann eine Notunterkunft entstehen: Schulen, Kindergärten, Stadien, Fabriken, Turnhallen und Büroräume. Doch über ein Jahr nach der Eskalation des Konflikts beginnen Schulen und Kindergärten langsam wieder mit dem Unterricht, so dass viele Bewohner:innen der Notunterkünfte sich eine andere Bleibe suchen müssen.

Eine von ihnen ist Maya, 62, die in einer Notunterkunft in einer Schule in Ivano-Frankivsk untergebracht war, die nun geschlossen wurde. Sie fand Zuflucht in einer Unterkunft im zweiten und dritten Stock eines Bürogebäudes. Sie erinnert sich noch genau an den Tag, als sie ihr Haus in Kyiv verließ. „Es hörte sich nach Regen an, aber es gab keine Wolken. Als ich auf den Balkon trat, flog eine Rakete vorbei. Da beschloss ich, in den Westen zu fliehen“, erzählt Maya.

Maya sitzt auf ihrem Bett in einer Notunterkunft in der Ukraine.

Aufgrund ihrer Krebserkrankung und COVID-Komplikationen hat sie Probleme beim Gehen. Sie fühlte sich zu schwach, um in den Keller zu flüchten und dort zu leben. Sie packte einen Koffer und eine kleine Tasche und ging direkt zum Bahnhof. „Es waren viele Leute am Bahnhof. Sie hatten eine Gehhilfe für mich. Der Evakuierungszug fuhr durch das aktive Kriegsgebiet. Es war sehr beängstigend. Es wurde angekündigt, dass wir unsere Telefone ausschalten sollten. Dann gingen die Lichter aus und wir fuhren ganz langsam weiter. Im Zug war es totenstill“, erinnert sich Maya. Sie war Sängerin, kann aber aufgrund von COVID nicht mehr singen. Sie lebt allein in der Unterkunft, weil ihr Mann vor ein paar Jahren gestorben ist. „Ich bleibe aber optimistisch. Zu Hause ist es besser, aber ich habe mich angepasst. Ich liebe die Natur hier, und kann meine Krebstherapie fortsetzen“, so Maya.

Leona, 57, stammt aus der Region Donetsk und ist mit ihrer Tochter in die Westukraine geflohen. „Die Explosionen ließen das ganze Haus erzittern. Meine Tochter und ich haben in unserer Wohnung auf dem Boden geschlafen, weil wir Angst hatten, dass die Fensterscheiben zerbrechen würden. Es war so kalt, dass wir manchmal aufstanden und anfingen, auf und ab zu springen“, erzählt Leona. Jetzt leitet sie diese Notunterkunft in Ivano-Frankivsk. Bevor sie die Leitung übernahm, waren in der Unterkunft keine Haustiere erlaubt. Das war das erste, was sie änderte. Sie lebt hier auch mit ihrer Katze zusammen.

Wie CARE Menschen unterstützt, die von der humanitären Krise in der Ukraine betroffen sind:

Mehr als ein Jahr nach der Eskalation des Krieges haben CARE und Partner mehr als 1,4 Mio. betroffene Menschen in der Ukraine, Polen, Rumänien, Georgien und Deutschland erreicht. In der Ukraine liegt unsere Priorität auf der Deckung des unmittelbaren Bedarfs der betroffenen Familien durch die Verteilung von lebenswichtigen Medikamenten, Nahrungsmitteln und Wasservorräten sowie von Hygienesets, Bargeld und psychosozialer Unterstützung. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit unseren Partnern zusammen, um besonders gefährdete Gruppen - Frauen, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit besonderen Bedürfnissen - zu unterstützen, indem wir die Hilfsgüter entsprechend ihren Bedürfnissen verteilen und sichere Orte einrichten.

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