Sobald ein Flüchtling 18 wird, muss er die Unterkunft für unbegleitete Minderjährige verlassen. Das führt für Männer sehr häufig zu Obdachlosigkeit. Denn wenn es darum geht, wem geholfen wird, fallen alleinstehende Männer oft durch das Raster. Man geht davon aus, dass sie sich um sich selbst kümmern können, keine spezielle Betreuung brauchen und stark genug sind, um ihren eigenen Weg zu finden. Während ihrer Flucht waren sie meist die Starken, haben Familien dabei geholfen, ihre Taschen oder sogar Kinder zu tragen. Doch nach einem Leben in Verzweiflung, in unmenschlichen Zuständen und in einer rechtlichen Grauzone – innerhalb und außerhalb der Flüchtlingsgemeinschaft – hat sich das geändert. Alleinstehende Männer sind die Letzten, die Hilfe bekommen. Frauen mit Babys oder unbegleitete Kinder haben Priorität. Obwohl es richtig ist, solche Fälle zu bevorzugen, darf man die Folgen der ständigen Unterdrückung nicht unterschätzen.

Eine Unterkunft nur für junge Männer

CARE und sein lokaler Partner PRAKSIS haben eine Unterkunft für unbegleitete geflüchtete Männer zwischen 18 und 22 eröffnet. Finanziert wird dieses Projekt von der Europäischen Kommission. Die Idee: Gesellschaftliche Nachteile durch Wissen und Selbstständigkeit reduzieren. So haben sie auch bessere Bildungs- und Jobchancen. Junge Männer können hier ihre Kompetenzen entdecken und stärken und erhalten Hilfe, um ihre eigene Zukunft aufzubauen und selbstständig zu werden.

Während dieses Prozesses brauchen sie Motivation und emotionale Unterstützung. „Die größte Herausforderung ist, sie jeden Morgen aus dem Bett zu bekommen“, sagt Evi Vlachou, PRAKSIS‘ Projektkoordinatorin. „Sie sind extrem interessiert daran, sich weiterzubilden und alles Mögliche zu machen, doch oft fehlt Motivation. Sie schlafen häufig tagsüber. Das ist ein Symptom für Depressionen im frühen Stadium. Wenn sie mal rausgehen, dann meist nur, um ihre Freunde zu sehen. Man muss sich mal vorstellen, dass sie allein in diesem Jahr schon in vier oder fünf verschiedenen Unterkünften gelebt haben. Wie würden Sie sich fühlen, wenn fremde Menschen Sie immer wieder von Ort zu Ort verschieben würden und man keinerlei Informationen darüber bekommt, was als nächstes kommt?“

Auch Männer brauchen Hilfe, um sich ein neues Leben aufzubauen

PRAKSIS‘  Jugendunterkunft ist eine der ersten Unterkünfte, die nur junge Männer aufnimmt. Das zeigt eine enorme Ungleichheit; nicht nur zwischen Geschlechtern, sonder auch im Alter. Evi erklärt: „Männer unter 18 werden von Hilfsprogrammen für unbegleitete Jugendliche unterstützt. Mit dem 18. Geburtstag hört also diese Hilfe auf, ihre Situation verbessert sich aber keineswegs. Wir wollen sie unterstützen, bis sie auf eigenen Beinen stehen können. Wie könnte man von ihnen erwarten, sich ein neues Leben aufbauen, wenn man ihnen nicht die richtige Hilfe gibt?“